16. November 1977 - Klaus Fischer schießt das "Tor des Jahrhunderts"

Stand: 16.11.2017, 00:00 Uhr

"Happy End einer traurigen Geschichte" titelt der Kölner Stadt-Anzeiger, als Klaus Fischer im April 1977 mit 27 Jahren zum ersten Mal im DFB-Dress stürmen darf. Gleich zwei Treffer steuert er bei seinem Debüt zum 5:0 gegen Nordirland bei. Dass es so lange gedauert hat, bis Bundestrainer Helmut Schön ihn endlich in die Nationalmannschaft beruft, daran ist kein anderer als er selbst schuld, das weiß Fischer - aber davon später.

So happy Fischer ist, dass sein Traum vom Nationaltrikot doch noch wahr wurde, von "end" kann damals keine Rede sein – im Gegenteil. Sieben Monate später, bei seinem zweiten Länderspiel, gelingt dem nach Gerd Müller besten Stürmer der Bundesliga das tollste seiner an unvergesslichen Toren reichen Karriere.

Klaus Fischer schießt das Tor des Jahrhunderts (am 16.11.1977)

WDR 2 Stichtag 16.11.2017 03:53 Min. Verfügbar bis 14.11.2027 WDR 2


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Vorlage von "Flankengott" Abramczyk

Am 16. November 1977 tritt die DFB-Elf in Stuttgart zum Freundschaftsspiel gegen die Schweiz an. Ganz vorn lauert wieder Klaus Fischer auf die Flanken seines Schalker Teamkollegen Rüdiger Abramczyk. In der 60. Minute, es steht bereits 3:1, gerät der ARD-Kommentator bei einem erneuten Angriff der Deutschen aus dem Häuschen: "Abramczyk – sehr schöne Flanke – Fischer! Einmalig! Ein schöneres Tor kann man nicht mehr schießen! Sa-gen-haft!"

Mit dem Rücken zum Tor, waagerecht in der Luft liegend, nimmt Fischer den von rechts heranfliegenden Ball an und knallt ihn aus sechs Metern unhaltbar ins Gehäuse der Schweizer. "Mr. Fallrückzieher" hat wieder zugeschlagen. Die Zuschauer der "ARD Sportschau" wählen Klaus Fischers Treffer erst zum "Tor des Monats", dann zum "Tor des Jahres", "Tor des Jahrzehnts" und später schließlich, mit großem Vorsprung, zum überragenden "Tor des 20. Jahrhunderts".

Karriere-Knick durch Bundesliga-Skandal

Den Fallrückzieher, die spektakulärste Art des Toreschießens, habe er schon als kleiner Junge geübt, erzählt der 1949 im Bayerischen Wald geborene Fischer: "Als Kinder haben wir auf der Wiese alles probiert. Das alles Entscheidende ist, die Angst zu überwinden, und Timing beim Absprung - und dann gehört auch Glück dazu.“ Wäre es aber nach dem Deutschen Fußball-Bund gegangen, dann hätte Fischer nie die Chance bekommen, seine Torjäger-Qualitäten auch in der Nationalmannschaft unter Beweis zu stellen.

1971 gehört Fischer nämlich zu den Mittätern des großen Bestechungsskandals in der Bundesliga. 2.300 Mark pro Mann kassiert Schalke 04 damals von Arminia Bielefeld, damit die abstiegsbedrohten Arminen mit 1:0 gewinnen. Die Schiebung fliegt auf und Fischer kommt, obwohl er lange leugnet und einen Meineid ablegt, mit einer Geldstrafe und einer Saison Sperre davon. Im Nationalteam soll er allerdings zeitlebens nicht spielen dürfen. Erst 1977, nach Fürsprache von Franz Beckenbauer, Berti Vogts und dem "Bomber der Nation" Gerd Müller lassen sich die DFB-Gewaltigen umstimmen.

Sechstes "Tor des Monats" mit 53

Fast fünf Jahre nach dem "Tor des Jahrhunderts" gegen die Schweiz schreibt Klaus Fischer erneut mit einem Fallrückzieher Fußball-Geschichte. Im dramatischen Halbfinale der Weltmeisterschaft 1982 erzielt er gegen Frankreich in der Verlängerung den Ausgleich zum 3:3. Das folgende erste Elfmeterschießen bei einer WM gewinnt Deutschland 5:4 und schafft damit in der "Nacht von Sevilla" den Einzug ins Endspiel gegen Italien.

In der Bundesliga bringt es Klaus Fischer auf insgesamt 535 Einsätze für 1860 München, Schalke 04, den 1. FC Köln und den VfL Bochum. Fünf Mal wird er in der "ARD Sportschau" für das "Tor des Monats" ausgezeichnet und drei Mal für das "Tor des Jahres". Dass er seit seinem Karriereende 1988 nichts verlernt hat, stellt der Jahrhundert-Torschütze noch mit 53 Jahren unter Beweis: Bei einem Altherren-Derby trifft er für die Münchener Löwen gegen die Bayern per Seitfallzieher. Die Sportschau-Zuschauer verleihen Klaus Fischer dafür seine sechste "Tor des Monats"-Medaille. Mehr hat bis heute keiner geschafft.

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