30. Mai 1911 - Erstes 500-Meilen-Rennen von Indianapolis

Stand: 30.05.2016, 00:00 Uhr

Als Ray Harroun am 30. Mai 1911 seinen gelb-schwarzen Marmon Wasp auf die neue Rennstrecke in Indianapolis lenkt, überrascht er seine Konkurrenz mit einer ungewöhnlichen Konstruktion: Er hat einen Spiegel so am Fahrzeug angebracht, dass er die hinter ihm heranbrausenden Autos beobachten kann. So kann er auf einen Beifahrer verzichten und spart Gewicht.

Eine pfiffige Idee, wie sich 200 Runden und 500 Meilen später herausstellen wird. Mit einer atemberaubenden Durchschnittsgeschwindigkeit von 117 Stundenkilometer wird Harroun der erste Sieger beim 500-Meilen-Rennen in Indianapolis und sichert sich damit seinen Platz in der Motorsportgeschichte. Da ahnt noch niemand, dass ein Jahrhundert später das "Indy 500" neben dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans und dem Großen Preis von Monaco zu den wichtigsten Rennen des Motorsports zählen wird.

Milch für den Sieger

Im Gegensatz zu den europäischen Wettkämpfen wartet in Indianapolis kein Sekt oder Schaumwein auf den Sieger, sondern eine Flasche Milch - so will es eine Tradition seit den 30er Jahren. Vor dem Schluck aus der Milchflasche stehen drei Stunden Extrem-Motorsport. "373, 378 Stundenkilometer und du bist einige Sekunden lang wie betäubt. Du fliegst und du hörst den Wind um dich tosen, spürst die Vibrationen am Kopf", beschreibt Indy-Sieger Tony Kanaan die Gefühle während des Rennens. Höchste Konzentration für den Fahrer, Extrembelastung für das Auto.

Auf den ersten Blick sieht die Strecke simpel aus: keine Schikanen, keine Doppelkurven, sondern zwei lange und zwei kurze Geraden, die durch vier hohe Kurven verbunden sind. Der Legende nach ein Zufall: Investor Carl Fischer soll bei der Planung einen Kreis zerschnitten und die Viertel an die Ecken einer Landkarte geschoben haben. Dann zeichnet er die Streckenführung ein. Der schlichte Parcours ist Teil der Faszination, beim "Indy 500" geht es nur um Höchstgeschwindigkeit - ohne Auslaufzonen. Wer zu schnell ist, kracht sofort in die Mauer.

Mehr als 60 Tote

"Du gibst sofort Vollgas", erklärt Kanaan, der Sieger von 2013, die Renntaktik. Ein gefährliches Unterfangen: Schon das erste Rennen auf dem Oval endet 1909 mit vier tödlichen Unfällen, ein Umbau soll mehr Sicherheit bringen."Sie schütteten Sand auf und pflasterten darauf 3,2 Millionen Asphaltziegel. Deshalb nannte man die Strecke die Ziegelei", sagt Rennhistoriker Donald Davidson. Nach dem Umbau startet am 30. Mai 1911 das erste 500-Meilen-Rennen von Indianapolis.

Das älteste noch ausgetragene Rundstreckenrennen ist von Anfang an auch eine Teststrecke für neue Technik. Hier fahren die ersten Autos mit Luftreifen und die ersten mit Allradantrieb. "Es ist eine Mischung aus der Präzision der Rennwagen und dem Versuch der Fahrer, die immer größeren Geschwindigkeiten zu beherrschen", beschreibt ABC-Moderator Paul Page die Faszination des 500-Meilen-Rennens. Nicht allen gelingt das. Seit Beginn sind mehr als 60 Menschen bei der Veranstaltung gestorben: Fahrer, Mechaniker, Streckenposten, Zuschauer.

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