"Davon geht die Welt nicht unter" und "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen" - im Jahr der ersten schweren Bombenangriffe auf deutsche Städte präsentiert Zarah Leander im Spielfilm "Die große Liebe" gefühlige Durchhalte-Schlager zum Mitsingen - im Auftrag von NS-Propagandaminister Jospeh Goebbels.
Sie spielt eine Sängerin, die sich von der Egomanin zur opferbereiten Flieger-Gattin wandelt. Sogar im Luftschutzkeller macht sie eine gute Figur. Das Melodram von 1942 ist vordergründig eine Liebesschmonzette, wirkt aber höchst politisch. Goebbels versteht Film als "nationales Erziehungsmittel".
Absage an Hollywood
Zarah Leander wird als Sara Stina Hedberg am 15. März 1907 im schwedischen Karlstad geboren. Mit 19 wird die Unternehmertochter an der Stockholmer Schauspielschule abgelehnt, lernt dort aber den Schauspielschüler Nils Leander kennen. Die beiden heiraten, und er verhilft ihr zu ersten Rollen.
1929 wird sie für eine Revue-Tournee durch Schweden engagiert. Sie nimmt Platten auf, spielt Theater und steht vor der Kamera. In Wien dreht sie ihren ersten deutschsprachigen Film. 1936 unterschreibt die 29-Jährige in Berlin einen Vertrag mit der Ufa - obwohl Hollywood ebenfalls an ihr interessiert ist. "Ich wollte nach Deutschland und ich habe es nie bereut, niemals bereut", sagt sie später.
Tee mit Goebbels
Goebbels ist von Leander zunächst nicht überzeugt. "Ich halte diese Frau für sehr überschätzt", schreibt er 1937 in sein Tagebuch. Er möchte lieber Marlene Dietrich oder Greta Garbo als Aushängeschild. Erst als dies nicht klappt und die Ufa mit Zarah Leander viel Geld verdient, ändert er seine Meinung.
Leander dreht zehn Filme und kassiert bei der Ufa die höchsten Gagen. Sie wohnt in einer Villa in Berlin-Dahlem. Wenn sie einkaufen will, wird das KaDeWe für andere Kunden geschlossen. Mit dem Propagandaminister trifft sie sich zum Tee. "Was er sonst gemacht hat, ist nicht meine Sache", sagt sie nach dem Zweiten Weltkrieg.
"Total reines Gewissen"
Als 1943 ihre Villa von drei Bomben getroffen wird, kehrt die Diva nach Schweden zurück, wo sie als "Nazi-Sirene" zunächst nicht auftreten darf. Erst 1949 gelingt ihr ein Comeback. Sie geht mit ihren alten Ufa-Schlagern auf Tour, dreht fünf Filme und spielt in Musicals.
1978 erleidet sie einen Hirnschlag, von dem sie sich nicht mehr erholt. Ihre Rolle in der NS-Propaganda blendet sie bis zum Schluss aus: In politischen Filmen habe sie nicht mitgewirkt. "Da habe ich ein total reines Gewissen." Am 23. Juni 1981 stirbt Zarah Leander im Alter von 74 Jahren in Stockholm.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Christiane Kopka
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. März 2022 an Zarah Leander. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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