Seit Wochen kündigen Aushänge in ganz Berlin das Großereignis an: Die zwei Jahre zuvor gegründete Universum Film AG (Ufa) eröffnet in Charlottenburg ein Uraufführungskino der Superlative! So drängen sich am 18. September 1919 Tausende vor dem neuen Filmpalast in den früheren Ausstellungshallen am Zoo.
Riesige Plakate an der trutzburgartigen Backstein-Fassade annoncieren den Eröffnungsfilm: Ernst Lubitschs Revolutionsdrama "Madame Dubarry" mit Pola Negri und Emil Jannings. Ehrfürchtig staunend treten die Premierengäste durch das in Gold und Purpur gehüllte Marmorfoyer in den hohen, wie ein Amphitheater angelegten Kinosaal.
Pola Negris Loge wird erstürmt
Mit 1.740 Plätzen ist der Ufa-Palast am Zoo das größte und luxuriöseste Filmtheater in Deutschland. "Ich saß in der dritten Reihe vor dem grünen Vorhang aus Samt", schwärmte Romancier Joseph Roth. "Plötzlich verdunkelte sich der Saal, der Vorhang teilte sich und ein geheimnisvolles Licht, das Gott erschaffen haben konnte, rann in weichen Strömen über die Leinwandfront."
Nach Ende des Films herrscht für einen Moment völlige Stille im Saal. Dann, vom Lubitsch-Epos und dem Glamour des Kino-Tempel überwältigt, bricht donnernder Applaus los. "Die Leute begannen, unsere Loge zu stürmen", berichtete die Stummfilm-Ikone Pola Negri. "Wir mussten befürchten, von dem Enthusiasmus zerfetzt zu werden."
Das Kino, das als Jahrmarktsattraktion begonnen hat, erobert nun alle Schichten der Gesellschaft. Bald locken weitere Luxus-Filmtheater wie das Titania das Publikum an.
Doch der 1925 auf 2.100 Plätze erweiterte Ufa-Palast bleibt das spektakulärste, mit eigenem Ballett, Orchester und Kinoorgel. Mini-Zeppeline versprühen anregende Düfte, Akrobaten turnen an den Kronleuchtern.
Untergang im Bombenkrieg
Natürlich nutzen auch die Nazis das grandiose Haus für ihre Propaganda. Hitler feiert im Ufa-Palast seinen 49. Geburtstag, Leni Riefenstahls "Triumph des Willens" und Veit Harlans rassistisches Machwerk "Jud Süß" werden hier uraufgeführt.
1942 schmettert Goebbels' Lieblingsdiva Zarah Leander "Davon geht die Welt nicht unter"; ein Jahr später brennt das Filmtheater bei einem Bombenangriff vollständig ab.
Nach Kriegsende werden die Trümmer des Ufa-Palastes abgetragen. An gleicher Stelle, gegenüber der Ruine der Gedächtniskirche, entsteht nun der Zoo-Palast als zentrale Aufführungsstätte der Internationalen Filmfestspiele Berlin. Nach 255 Tagen Bauzeit wird er 1957 mit Helmut Käutners Lustspiel "Die Zürcher Verlobung" eröffnet.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 18. September 2019 ebenfalls an die Eröffnung des Ufa-Palastes. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 19.09.2019: Vor 50 Jahren: Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) verkündet