Ein schlanker, 30 Meter hoher Turm mit Neonlichtringen ist seit 90 Jahren das Wahrzeichen des Titania-Palastes. Bei seiner Errichtung erregt das kubistische Gebäude im nüchternen Stil der Neuen Sachlichkeit großes Aufsehen. Denn inmitten der umliegenden Häuserzeilen mit ihren wilhelminischen Fassaden weist das Titania damals den Weg in die Moderne.
Dort, wo heute in Berlin-Steglitz große Schaufenster das Äußere des Titania-Palastes bestimmen, werden am 26. Januar 1928 rote Teppiche ausgerollt. Eine unüberschaubare Menschenmenge bestaunt die Prominenz, die zur Eröffnung von Berlins luxuriösestem Lichtspielhaus vorfährt.
Im Bombenkrieg unzerstört
Der Titania-Palast macht seinem Namen alle Ehre. Vom Foyer im Art-Déco-Stil gelangen die Gäste in den beeindruckenden Saal mit fast 2.000 Plätzen. Darüber wölbt sich eine silberne Kuppel; die prunkvolle Bühne wird von Orgelpfeifen umrahmt. "Es gab keine einzige Ecke, nur Kurven und geschwungene Formen. Die Wände waren mit Mustern in Gold und Bronze bemalt", erzählt der Journalist Rolf Grünewald.
Im beginnenden Kino-Zeitalter lockt der Titania-Palast das gehobene Bürgertum des Berliner Südens an, das die schmuddeligen Vorführsäle in Kneipen und Hinterhöfen meidet. Ein 60-Mann-Orchester sorgt für die Untermalung von Stummfilmen und Varieté-Darbietungen.
Nach dem Beginn der Hitler-Herrschaft steht das Titania mit seiner großen Bühne ganz in Diensten der Nazi-Propaganda. Den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs übersteht das Haus wie durch ein Wunder nahezu unbeschädigt – im Gegensatz zu allen anderen großen Sälen der Stadt.
Abriss knapp verhindert
Drei Wochen nach Kriegsende geben die Berliner Philharmoniker ein Konzert im Titania. 1948 findet dort die Gründung der Freien Universität statt, drei Jahre später, nach radikaler Neugestaltung des Saals, die Eröffnung der ersten Berliner Filmfestspiele. Konzerte von Weltstars wie Marlene Dietrich, Louis Armstrong oder Josephine Baker verleihen dem Titania-Palast noch einmal Glanz.
Mitte der 60er-Jahre verliert das Traditionshaus seine Bedeutung als Premierenkino und Multifunktionsbühne. Ein Abriss kann nur knapp verhindert werden; Modeläden und Discounter ziehen nun ein. Erst seit 1995 laufen auch wieder Filme in dem einstigen Luxus-Filmtheater – in einem Multiplex-Kino mit sieben Leinwänden.
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