"Besser eine Kerze anzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen." Dieses chinesische Sprichwort ist das Lebensmotto von Peter Benenson. Der Anwalt und Politiker ist Zeit seines Lebens davon überzeugt, dass auch gewöhnliche Menschen Außergewöhnliches bewirken können.
Der am 31. Juli 1921 in eine wohlhabende Londoner Familie geborene Benenson setzt sich schon als Schüler für die Menschenrechte ein - mit einer Patenschaft für ein Waisenkind im Spanischen Bürgerkrieg oder als Geldsammler, um zwei vor dem Naziregime geflüchteten Juden den Schulbesuch in Großbritannien zu ermöglichen.
Sein politisches Engagement setzt Benenson nach dem Zweiten Weltkrieg fort. Er studiert Jura, wird Mitglied der sozialdemokratischen Labour-Partei und gründet zusammen mit anderen Anwälten die Organisation "Justice", die für faire Gerichtsverhandlungen und die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit kämpft.
Krankheit als Wendepunkt
1958 wird Benenson schwer krank. Die Zeit der Genesung nutzt er, um sein Leben neu zu ordnen: Der Anwalt konvertiert, wird gläubiger Katholik. Nach drei gescheiterten Kandidaturen für das britische Parlament zieht er sich zudem aus der aktiven Politik zurück. Stattdessen verfolgt er die Vision einer "alles umfassenden Organisation, die für die Bürgerrechte kämpfen und offen sein soll für die breite Öffentlichkeit". Benenson gründet Amnesty International.
Als Auslöser nennt er selbst einen Artikel über zwei portugiesische Studenten, die ins Gefängnis kamen, weil sie im Café auf die Freiheit angestoßen hatten. Ob es diesen Artikel wirklich gab, ist unklar. "Peter war sehr gut darin, sich Geschichten auszudenken, die andere inspirierten und ihnen Hoffnung vermittelten", sagt Historiker Tom Buchanan.
Überwältigende Resonanz
Unter dem Titel "Die vergessenen Gefangen" veröffentlicht Benenson 1961 einen Artikel in der britischen Zeitung "The Observer". Darin fordert er die Leser auf, sich in Briefen an die Regierungen für politisch Gefangene einzusetzen. Die Resonanz auf den weltweit verbreiteten Aufruf ist groß: Freiwillige Helfer melden sich, Spenden treffen ein.
Aus der ursprünglich für ein Jahr geplanten Kampagne wird eine schnell wachsende, globale Organisation - auch dank des charismatischen Benenson. 1967 kommt es jedoch zum Bruch. Ihm wird vorgeworfen, von der Regierung Geld aus geheimen Kassen angenommen und damit die Aufständischen in der damaligen britischen Kolonie Rhodesien unterstützt zu haben. Ein klarer Verstoß gegen die Amnesty-Regeln, wonach politische Unabhängigkeit und Neutralität höchste Gebote sind.
Obwohl Benenson nie wieder in der Organisation aktiv ist, versöhnt er sich mit den späteren Führungskräften und steht ihnen mit Rat zur Seite. Benenson stirbt 2005 an einer Lungenentzündung. Die von ihm entzündete Kerze aber brennt noch heute.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Andrea Kath
Redaktion: Ronald Feisel
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