Gerade einmal acht Minuten dauert die Fahrt auf den Gipfel des Drachenfels'. Es ist eine Reise durch Mythen, Märchen und Weitblick. Vorbei an der Nibelungenhalle, einem verwitterten Kuppelbau aus Art Deco und Klassizismus. Vorbei an der Drachenburg, einem Märchenschloss mit Zinnen, Erkern und einer abenteuerlichen Geschichte.
Mit seinen gerade einmal 321 Metern Höhe ist der Fels mit dem berühmten Namen zwar nur ein groß geratener Hügel - dafür aber ein sehr beliebter. Schließlich bietet er bei klarem Wetter einen fantastischen Rundumblick bis nach Köln. Davon profitiert auch die Drachenfelsbahn, die mit mehr als 40 Millionen Fahrgästen eine der meist genutzten Zahnradbahnen Europas ist.
Langsam aber beständig
Nach knapp zwei Jahren Bauzeit wird die Drachenfelsbahn am 17. Juli 1883 feierlich eröffnet. Seitdem rattert sie Tag für Tag zwischen Königswinter und dem Gipfel auf und ab. An der eineinhalb Kilometer langen Strecke hat sich bis heute nichts geändert - an der Technik schon.
1883 werden die Passagierwagen noch von einer Dampflokomotive gezogen. Auf ihrem Weg überwindet die Bahn 220 Höhenmeter und Steigungen von bis zu 20 Prozent. An besonders steilen Stellen fahren die Schienen Zähne aus, die sich mit den Zahnrädern am Triebwagen verhaken und die Bahn zur Langsamkeit zwingen. Generell entscheidet sich jeder, der mit der Drachenfelsbahn fährt, für eine Reise in die Entschleunigung - maximal 18 Kilometer schafft sie in der Stunde.
Die Bahn übersteht die Weltwirtschaftskrise, zwei Weltkriege und die nationalsozialistische Regierung. 1945 muss sie wegen starker Kriegsschäden zwar länger pausieren, doch schon 1947 wird der Betrieb wieder aufgenommen.
Unfall besiegelt Aus der Dampflok
Zu Beginn der 1950er-Jahre wird der erste Elektrotriebwagen bestellt. Eine Weile fahren Triebwagen und Dampfloks gemischt, bis sich im September 1958 ein schwerer Unfall ereignet. Bei einem Bremsmanöver springt eine Lok aus dem Gleis - 17 Menschen sterben, 112 werden verletzt. Nach dieser Tragödie steht die Drachenfelsbahn ein Jahr lang still. Sie wird von Grund auf renoviert, die Dampfloks kommen aufs Abstellgleis.
Seitdem pendeln die elektrischen Triebwagen unfallfrei zwischen Berg und Tal. Zu den Passagieren zählen Einheimische wie Touristen, Geschäftsreisende und Prominente. So nehmen etwa Bestsellerautor Karl May oder Popart-Künstler Andy Warhol in den blau-grün lackierten Wagons mit goldenem Symbol Platz. Dass die Farben an die weltbekannte Marke 4711 erinnern, ist dabei kein Zufall. 1913 kaufte die Kölner Unternehmerfamilie Mülhens, Inhaber der berühmten Duftmanufaktur, die Bergbahn.
Und auch mit 140 Jahren ist der Lack der Zahnradbahn längst noch nicht ab - obwohl sie auf ihrer Strecke bereits unglaubliche 3,1 Millionen Kilometer zurückgelegt hat. Damit hätte sie schon 77 Mal die Erde umrundet.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Claudia Friedrich
Redaktion: Matti Hesse
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