Im 17. Jahrhundert sieht die Welt im Vergleich zu heute nicht nur vollkommen anders aus - sie riecht auch komplett anders. Oder genauer: sie stinkt gewaltig. Die Straßen stinken nach Pferdemist, die Kamine nach Schwefel und die Schlafzimmer nach feuchten Federbetten und Nachttöpfen.
Ein Mann will dem ein Ende setzen: Der Italiener Johann (Giovanni) Maria Farina, geboren 1685 in Santa Maria Maggiore. Farina erlernt dafür erst das Gewerbe des Parfümeurs und zieht im Jahr 1714 nach Köln. Dort steigt er in den Handel mit Luxusgütern ein und betreibt zusammen mit seinem Bruder die "Firma Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz".
Duft wie ein italienischer Frühlingsmorgen
Farina verfügt über ein seltenes Talent. Er hat einen absoluten Geruchssinn. In Köln mixt er einen Duft zusammen, der ihn an einen italienischen Frühlingsmorgen erinnert. Das Ergebnis nennt er "Aqua mirabilies" ("Wunderwasser"). Und ganz wunderbar ist auch die Wirkung seines Elixiers.
Denn es ist kein Parfüm, wie man es damals kennt, kein Toilettenartikel. Es ist mit seiner Kombination von Wirkstoffen damals einmalig - und ein großer Erfolg. Endlich können zumindest reiche Menschen dem Gestank der Zeit einen frischen Duft entgegensetzen mit diesem "Eau de Cologne", wie Farina es auch nennt.
Geheimrezept als Hochzeitsgeschenk?
Warum und wie das Rezept am 08. Oktober 1792 verschenkt wird, ist nicht genau überliefert. Ein Mönch namens Franz Maria Carl Farina soll das Rezept einst aufgeschrieben haben, angeblich ein Verwandter des berühmten Parfümeurs. Und weil der Kaufmann Wilhelm Mülhens den gläubigen Mann vor den Truppen Napoleons versteckt, erhält der Kaufmann als Dank zur Hochzeit eine Pergamentrolle mit dem geheimen Rezept. Oder ist die Geschichte nur ein Märchen?
Gesichert ist zumindest, dass Wilhelm Mülhens fünf Jahre nach seiner Hochzeit in der Kölner Glockengasse lebt. Und weitere zwei Jahre später handelt dieser Kaufmann - sehr erfolgreich - mit einem Wasser, das er "Kölnisch Wasser" nennt und auch innerlich angewendet werden kann. Mülhens gibt seiner Firma sogar den Namen "Farina", wogegen die Farinas in jahrelangem Rechtsstreit jedoch erfolgreich vorgehen.
Hausnummer 4711
Der Markenname "4711" entsteht erst später. Er erinnert an die frühere Hausnummer des Firmensitzes von Wilhelm Mülhens. Als die Französische Revolutionsarmee alle Häuser in Köln durchgängig durchnummerieren lässt, erhält das Haus in der Glockengasse die Nummer 4711 - allerdings nur für wenige Jahre. Später wird die Nummer wieder geändert in Glockengasse 12.
Autor des Hörfunkbeitrags: Wolfgang Meyer
Redaktion: Frank Zirpins
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 08. Oktober 2022 an das Rezept für 4711.
ZeitZeichen am 09.10.2022: Vor 10 Jahren: Anschlag der Taliban auf Malala Yousafzai