Dabei sein, wenn im Land etwas geschieht, das sollen auch die Menschen in NRW. Nicht leibhaftig natürlich, sondern eher vor dem Fernseher. Diesem Wunsch will der Westdeutsche Rundfunk (WDR) nachkommen.
Es ist die die Geburtsstunde der Sendung "Hier und Heute", mit der der Sender am 1. Dezember 1957 sein Regionalprogramm eröffnet. Dass es dabei, zumindest im Vorspann, pompös und krachend zugehen soll, zeigt nicht nur das Goethe-Zitat im Titel, sondern auch die Wahl der Vorspannmusik.
Es ist ein Ausschnitt aus Robert Schuhmanns dritter Symphonie, genannt "Die Rheinische", die 1850 in Düsseldorf entstand. Der Anblick des Kölner Doms soll ihn dazu inspiriert haben.
Tagesaktuelle Geschichten von nebenan
Anfangs läuft "Hier und Heute" noch im nordrhein-westfälischen Werbevorabendprogramm der ARD. Gesendet wird aus dem Studio K des WDR. Die Sendung läutet ein neue Epoche der Fernsehhistorie ein: Sie erzählt alltägliche Geschichten von nebenan, bringt Regionales, Nachrichten und Reportagen aus dem Land zwischen Aachen und Siegen, Bonn und Bielefeld. Dazu gehört auch Tragisches wie die Entgleisung einer überfüllten Bahn bei einer Talfahrt am Drachenfels 1958. Oder Weltpolitisches wie der Tod Konrad Adenauers 1967.
Immer sucht "Hier und Heute" Augenzeugen oder betroffene Bürger, die ihre Sicht auf das Ereignis schildern. So entsteht Nähe. Noch am Tag des Geschehens kommen die Bilder ins Programm – und das, obwohl die Filme in analogen Zeiten noch physisch, in diesem Fall meist mit dem Motorrad, vom Drehort ins Studio gebracht werden müssen.
Die konstruierte Launigkeit der Sprecher
Anfangs gibt es auch Kritik. "Das Land Nordrhein-Westfalen hatte seine Regionalsendung und die Sendung bald ihre ersten Kritiken", heißt es in einer alten Radioreportage. "Darin wurde uns eine gewisse Nervosität und manchmal zu bewusst konstruierte Launigkeit einzelner Sprecher bescheinigt." Im Großen und Ganzen aber ist "Hier und Heute" von Anfang an ein Erfolgsprojekt. Letztendlich strukturiert es den Tagesablauf im Bundesland wie bundesweit die "Tagesschau": Wenn der Vater von der Arbeit nach Hause kommt, dann beginnt für ihn mit "Hier und Heute" der Abend. Anfangs hat die Sendung einen Marktanteil von 100 Prozent.
1979 kommt als Ableger von "Hier und Heute" die Reportagesendung "Hier und heute unterwegs" ins Programm, die gleichermaßen wie das Original auf großen Zuspruch stößt. Nach der 11.013. Ausgabe ist 1993 erstmal Schluss. Die Sendung fällt einer Programmreform zum Opfer. "Hier und Heute" wird durch die neunminütigen "Hier und Heute-Nachrichten" und das sich anschließende "Hier und Heute unterwegs" ohne tagesaktuellen Bezug ersetzt. "Wo gehobelt wird, da fällt ein Span", kommentiert damals die letzte Redaktionsleiterin Bettina Böttinger.
Im August 2017 wird die WDR-Sendung "Daheim + unterwegs" in "Hier und Heute" umbenannt. Auch ein Quiz und ein tägliches Radiomagazin auf WDR 4 firmieren inzwischen unter der Dachmarke.
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
Stichtag am 02.12.2017: Vor 75 Jahren: Geburtstag des Journalisten Ulrich Wickert