Lange bevor Didius Julianus römischer Kaiser wird, lebt er ein paar Jahre in Köln. Er ist Statthalter der Provinz Niedergermanien und residiert im Prätorium der "Colonia Claudia Ara Agrippinensium", dem Zentrum der römischen Provinzverwaltung.
Von dort aus befehligt Didius Julianus zwischen 180 und 185 nach Christus zwei Legionen und eine große Anzahl sogenannter Hilfstruppen, insgesamt rund 20.000 Männer. Doch er will mehr - und ist offenbar bereit, alles dafür zu tun. Der Geschichtsschreiber und Zeitgenosse Cassius Dio beschreibt Didius Julianus als Mann "von schlechtestem moralischem Charakter".
Römische Herrschaft wird instabil
Zu Lebzeiten des Didius Julianus ändern sich die Spielregeln, nach denen die Kaiserwürde vergeben wird. Zuvor war die Herrschaft und ihre Weitergabe fast ein ganzes Jahrhundert lang stabil gewesen. Viele Kaiser regierten über Jahrzehnte. Grund dafür war offenbar der Umstand, dass Kaiser wie Trajan und Hadrian nicht ihre eigenen Kinder auf den Thorn hieven wollen, sondern adoptierte Söhne zu Nachfolgern bestimmen.
Kaiser Marc Aurel bricht jedoch mit dieser Tradition und erklärt im Jahr 177 seinen brutalen Sohn Commodus zum Nachfolger. Er neigt zum Despotismus, kämpft mehr als 700 Mal selbst als Gladiator in der Arena und lässt willkürlich Menschen ermorden. Schließlich beschließt die römische Führungsschicht: Dieser Kaiser muss verschwinden!
Prätorianer suchen Kaiserkandidaten aus
Laetus, der Chef der kaiserlichen Leibgarde, zieht ab diesem Zeitpunkt die Strippen. Seine Prätorianer lynchen Commodus. Am 1. Januar 193 - dem Tag nach der Tat - bestimmen sie Pertinax zum neuen Kaiser. Der Sohn eines freigelassenen Sklaven hat eine glänzende militärische Karriere vorzuweisen. Er ist der Erste von vier Kaisern, die im Jahr 193 Anspruch auf dieses Amt erheben.
Pertinax verspricht den Prätorianern hohe Zahlungen, kann das Geld dann aber nicht vollständig aufbringen. Nach zwei Monaten und 25 Tage durchbohren ihn die Prätorianer in seinem Palast mit Lanzen. Weil es zwei Anwärter auf seine Nachfolge gibt, versteigert Laetus die Kaiserwürde an den meistbietenden Kandidaten. Dabei setzt sich Didius Julianus durch gegen Titus Flavius Sulpicianus, den Schwiegervater des Pertinax und zugleich Stadtpräfekt von Rom.
Kaiserthron für viel Geld erkauft
Ende März 193 steht Didius Julianus, der eine ähnlich glänzende Laufbahn wie Pertinax hinter sich hat, vor der Kaserne der Prätorianer und bietet 25.000 Sesterzen für jeden von ihnen. Zum Vergleich: Ein Handwerker verdient am Tag zwei Sesterzen. Doch woher soll so viel Geld kommen? Die Staatskasse ist leer! Didius Julianus kann seine Versprechen nicht halten und sorgt für Unmut.
Für ihn gibt es auch noch ein anderes Problem: Aus dem heutigen österreichischen-ungarischen Raum, der damaligen Provinz Pannonien, marschiert Septimius Severus mit seinem Heer in Richtung Rom, um selbst Kaiser zu werden. Dort bricht Panik aus, denn die Prätorianer sind keine Elite-Soldaten. Didius Julianus will deshalb Elefanten aus dem Zirkus für den Kampf rüsten. Doch die Tiere werfen die ihnen auf den Rücken gesetzten Kampftürme ab.
Nur 66 Tage an der Macht
Als Didius Julianus in seiner Verzweiflung versucht, dem Kontrahenten die Mit-Kaiserschaft anzubieten, zieht der Senat die Reißleine. Noch bevor Severus Rom erreicht, wird Didius Julianus zum Staatsfeind erklärt. "Wir aber fanden den Julian des Todes würdig", notiert Cassius Dio, der als Geschichtsschreiber selbst im Senat sitzt. "Und wir ernannten den Severus zum Kaiser."
Am 2. Juni 193 wird Didius Julianus nach nur 66 Tagen auf dem Kaiserthron umgebracht. "Er unterwarf sich seinem Schicksal mit der einzigen Klage", schreibt Cassius Dio. "Aber was habe ich denn getan? Wem habe ich je ein Haar gekrümmt?"
Ende des Vier-Kaiser-Jahres
Severus - die Nummer drei dieses Vier-Kaiser-Jahres - lässt, noch ehe er Rom erreicht, die Prätorianer zu sich rufen und entlässt sie alle. Die neue Leibgarde besetzt er mit Vertrauten.
Seine Macht behauptet Severus auch, als in Syrien Pescennius Niger von seinen Legionen zum Kaiser ausgerufen wird. Dieser vierte Kaiser innerhalb eines Jahres wird vom dritten Kaiser in der Schlacht besiegt und auf der Flucht getötet.
Autor des Hörfunkbeitrags: Marko Rösseler
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 2. Juni 2023 an den römischen Kaiser Marcus Dididus Julianus. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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