Chlodwig ist etwa 16 Jahre, als er nach Childerichs Tod um 482 zum mächtigen fränkischen "Kleinkönig" (rex) Galliens aufsteigt. Seit dem dritten Jahrhundert siedeln die Franken überall am Rhein, in direkter Nähe zu den reichen Provinzstädten Roms.
"Immer wieder fallen sie in das römische Gallien ein, unternehmen Plünderungszuge und werden zurückgeworfen", weiß der Bonner Historiker Matthias Becher, Autor einer Chlodwig-Biografie. Oder sie werden als "foederati" angeworben, als barbarische Verbündete. "Teilweise werden den Franken auch geräumte Gebiete zur Besiedlung überlassen."
Nun kämpft Chlodwig mit und gegen andere "reges", Stammesfürsten und Warlords um die Vormacht in Gallien, denn das Römische Reich versinkt in der Agonie. Seine Provinzen nördlich der Alpen sind schon weitgehend sich selbst überlassen. Das gesamte Weströmische Reich ist kollabiert; der Kaiser der spätantiken Weltmacht herrscht nun von Ostrom aus, von Konstantinopel.
Taufe nach der Schlacht von Zülpich
Um das Jahr 486 besiegt Chlodwig in seiner ersten Schlacht den letzten noch kämpfenden römischen Heerführer Syagrius. Mit dessen Herrschaftsgebiet erweitert Chlodwig seinen Machtbereich erheblich. Es umfasst nun die heutigen südlichen Niederlande, Belgien und Nordwestfrankfreich. Die Menschen dort sind Christen, geprägt von römischer Kultur. Chlodwig dagegen glaubt an die arianische Lehre der Merowinger, die Roms Bischöfe als Häresie verurteilen.
Nach dem Sieg über die angreifenden Alamannen im Jahr 496 konvertiert Chlodwig zum katholischen Glauben; zu Weihnachten lässt er sich von Bischof Remigius in Reims taufen. Zuvor aber hat er dem Bischof einige folgenschwere Verträge abgezwungen. Sie räumen dem König weitgehende Rechte in der französischen Kirche ein und begründen den gallikanischen Sonderweg Frankreichs.
Vertreibung von Alarichs Alamannen
Chlodwig, so berichtet sein Biograf Matthias Becher, "gilt als der erste König überhaupt, der die Königs-Salbung erhalten hat, also die Taufsalbung. Deswegen ist der traditionelle Krönungsort der französischen Könige dann eben auch Reims geworden, weil man ganz gezielt an Chlodwig anknüpfen wollte." Ob seine Konversion politisches Kalkül oder Glaubenssache ist, keiner weiß es. Sicher ist, dass die katholische Religion Chlodwig eine Ordnung bietet in einem Land, aus dem die Ordnungsmacht verschwunden ist.
Kein Jahr vergeht, in dem Chlodwig nicht mit allen Mitteln gegen seine Feinde vorgeht: Thüringen, Burgund und Rheinfranken – und am erbittertsten gegen die arianischen Westgoten. Mit seinem Sieg über Alarich II. in der Schlacht von Vouillé im Jahr 507 bringt Chlodwig den größten Teil Galliens unter seine Herrschaft. 509 erobert er das rheinfränkische Reich und vereinigte die bislang getrennten größten Einzelgruppen der Franken.
Gesetzes-Codex "Lex salica" fixiert
Im Zenit seiner Macht herrscht Chlodwig nun allein über ein Großreich - das erste in Europa seit dem Kollaps des Weströmischen Imperiums. "Am Ende knüpft er auch ein politisches Band zu Ostrom. Und so wird man vielleicht auch sagen können, dass er durchaus diplomatische Mittel einsetzen konnte", urteilt der Mittelalterspezialist Becher. 507 sichert Chlodwig seine Macht ab, indem er die bisher nur mündlich tradierten fränkischen Gesetze in der "Lex salica" aufschreiben lässt, um Rechtssicherheit zu schaffen.
Südlich seiner neuen Hauptstadt Paris lässt Chlodwig die Basilika der Heiligen Apostel errichten, die spätere Grablege der Merowinger. Am 27. November 511, nach 30 blutigen Jahren an der Spitze seines Volks, stirbt der Begründer des Frankenreichs, aus dem dereinst Deutschland und Frankreich entstehen.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Claudia Friedrich
Redaktion: Ronald Feisel
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. November 2021 an Chlodwig I. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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