12. Dezember 1721 - Tod des schottischen Seemanns Alexander Selkirk

Stand: 06.12.2021, 13:06 Uhr

Seine wahre Geschichte über die Jahre als einsamer Insulaner hat seine Zeitgenossen nicht interessiert. Als aber 1719 Daniel Defoe, ein verschuldeter Londoner Journalist, Selkirks Erlebnisse aufgreift und umfabuliert, entsteht ein Klassiker der Weltliteratur: "Robinson Crusoe".

Alexander Selkirk, schottischer Seefahrer (Todestag, 12.12.1721) WDR ZeitZeichen 12.12.2021 14:34 Min. Verfügbar bis 13.12.2099 WDR 5

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Seit Wochen kreuzen zwei englische Kaperschiffe auf der Suche nach fetter Beute im Südpazifik. Als den Piraten Hunderte Meilen vor der Küste Chiles das Trinkwasser ausgeht, befiehlt Kapitän Woodes Rogers, die kleine Insel Màs a Tierra anzulaufen. Weil auf dem unbewohnten Eiland mitten im Ozean ein Feuer brennt, schickt Rogers am 2. Februar 1709 ein Erkundungsboot aus.

Über die Rückkehr seiner Männer schreibt Rogers ins Logbuch: "Sie hatten Unmengen von Krebsen dabei und dazu einen Mann, in Ziegenfell gekleidet, der wilder aussah, als die, die die Felle zuerst auf dem Leib hatten." Der merkwürdige Fremde kann kaum noch sprechen, meckert mehr wie eine Ziege. Mit Mühe gibt er sich als Alexander Selkirk zu erkennen. Vier Jahre und vier Monate habe er allein auf dem winzigen Flecken Land überlebt.

Choleriker auf Kaperfahrt

Die glückliche Rettung des schottischen Seemanns verarbeitet der Journalist Daniel Defoe zehn Jahre später zu seinem Roman "Robinson Crusoe" - allerdings mit einigen schriftstellerischen Freiheiten. Hatte Alexander Selkirk sein Insel-Dasein allein fristen müssen, so erfindet Defoe ihm einen eingeborenen Gefährten namens Freitag. Und Selkirk kein Schiffbrüchiger wie Robinson Crusoe; er hat sich freiwillig im Nirgendwo aussetzen lassen.

Schon zu Jugendzeiten ist Alexander Selkirk als aufbrausender Maulheld gefürchtet. Mit 19 wird der Gerbersohn 1695 "wegen störenden Benehmens in der Kirche" aus seinem schottischen Heimatdorf Largo gejagt und sucht sein Glück auf hoher See. Als er im September 1703 an Bord der "Cinque Ports" auf Kaperfahrt geht, hat er bereits den Ruf eines erfahrenen Navigators.

Nach zwölf zermürbenden Monaten läuft das von Bohrwürmern durchlöcherte Schiff ein Inselchen im Juan-Fernandez-Archipel an. Selkirk besteht darauf, den Rumpf auszubessern, sonst sei das Schiff dem Untergang geweiht. Kapitän Stradling jedoch befiehlt die sofortige Weiterfahrt.

Selbst gewählte Einsamkeit

Als Selkirk der Mannschaft zur Befehlsverweigerung rät, kommt es zum Streit zwischen Stradling und seinem cholerischen Steuermann. Obwohl sich ihm niemand anschließt, bleibt Alexander Selkirk lieber allein auf der unbewohnten Insel zurück, anstatt mit dem wurmstichigen Schiff wieder in See zu stechen.

Defoe-Vorbild Selkirk: Robinson Crusoe auf seinem Floß | Bildquelle: INTERFOTO/Mary Evans

Stradling lässt ihm zum Überleben etwas Kleidung, dazu eine Flinte, ein Messer, eine Bibel sowie Bücher und nautische Instrumente. Dann verschwindet die "Cinque Ports" am Horizont. Aber Selkirk hat die richtige Wahl getroffen: Kurz darauf geht das marode Schiff mit Mann und Maus unter.

Als Heiratsschwindler auf der Flucht

Nach seiner Rettung durch Woodes Rogers bleibt Alexander Selkirk das Glück zunächst treu. Die Freibeuter entern eine mit Gold und Gewürzen beladene spanische Galeone, so dass Selkirk im Oktober 1711 als reicher Mann nach Largo zurückkehrn kann. Doch die Jahre der Einsamkeit haben tiefe Spuren hinterlassen. Einem bürgerlichen Leben völlig entfremdet, richtet er sich auf dem Grundstück seines Vaters eine Höhle ein, wo ihn bald die überwunden geglaubte Aggressivität wieder packt.

Nachdem er im Suff beinahe einen Mann erschlagen hat, flüchtet Selkirk nach London, heiratet in kurzer Folge zwei Frauen und rettet sich als verfolgter Bigamist erneut aufs Meer. Vom enormen Erfolg von Daniel Defoes Roman "Robinson Crusoe" hat er wahrscheinlich nie erfahren.

Nach wilden Jahren als Freibeuter und Piratenjäger stirbt Alexander Selkirk am 12. Dezember 1721 vor der afrikanischen Westküste an Gelbfieber. Seine einst einsame Insel Màs a Tierra wird heutzutage von rund 1.000 Menschen bewohnt und heißt seit 1966 offiziell "Isla Robinson Crusoe".

Autor des Hörfunkbeitrags: Hans Conrad Zander
Redaktion: Ronald Feisel

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 12. Dezember 2021 an Alexander Selkirk. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

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