Das Meer und die Schiffahrt ernähren die Menschen seit jeher. Aber bisweilen ist der Lohn der Tod, und der Tod der einen, hält dabei oft den anderen am Leben.
So ernährte an den Küsten und auf den Inseln angeschwemmte Strandgut oft Familien. Noch zur Mitte des 19. Jahrhunderts stranden an der Nordseeküste im Jahr schätzungsweise bis zu 60 Schiffe. Hin und wieder hilft die Bevölkerung auch mit falschen Leuchtfeuern nach.
Tourismus macht milde
Über Jahrhunderte gehört Strandgut dem, der es findet. Aber es gibt Ausnahmen. Eine Regelung aus dem Hochmittelalter etwa hält fest, dass an Land gespülte Ware nur mitgenommen werden darf, wenn kein Mitglied der Besatzung überlebt hat.
Für gestrandete Matrosen bedeutet dies oftmals den Meucheltod. Schlimmstenfalls wird dies sogar vom Landesherrn gedeckt; ein "Strandregal" genanntes Gesetz sichert ihm einen Teil der Beute zu.
Moralische Vorstellungen
Erst um 1850 ändert sich plötzlich die Einstellung. Wie aus dem Nichts scheinen die raubeinigen Küsten- und Inselbewohner die moralischen Vorstellungen der bürgerlichen Gesellschaft zu akzeptieren.
Die Gründung der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger 1865 ist hierfür ein äußeres Zeichen, und Gestrandete werden nicht mehr in den Dünen verscharrt, sondern anständig auf dem Friedhof beerdigt. Schuld ist vermutlich nicht späte Reue oder Einsicht, sondern der Tourismus als neue Einnahmequelle: Die ruhebedürftigen und am Strand prominierenden Städter will niemand mit mörderischen Sitten und Gebräuchen vergraulen.
"Vom Seeauswurf und strandtriftigen Gegenständen"
Am 17. Mai 1874 wird als logischer Schlussstrich dieser Entwicklung die Strandungsordnung für das Deutsche Reich erlassen. Es regelt, dass ein Strandvogt Gestrandeten und in Seenot geratenen Schiffen Hilfe zukommen lassen muss und Strandgut an den bisherigen Eigentümer abzuliefern ist. Allerdings steht dem Finder seitdem auch ein anteiliger "Bergelohn" zu.
1990 wird die Strandungsordnung durch Artikel 35 des dritten Rechtsbereinigungsgesetzes aufgehoben. Strandgut fällt nun unter das Fundrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches. Fundstücke von einem Wert bis zu zehn Euro können demnach behalten werden. Für den Rest gibt es Finderlohn.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 17. Mai 2019 ebenfalls an die Strandungsordnung. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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