Studie soll Missbrauchsfälle in Bielefelder Kirche untersuchen

Stand: 14.03.2025, 17:49 Uhr

Der Verdacht auf sexualisierte Gewalt an einer Evangelischen Kirchengemeinde in Bielefeld wird nun durch ein Forschungsinstitut aufgearbeitet. Kirche und Opfer hatten länger gestritten, wer die Aufgabe übernimmt.

Von Uwe Pollmann

Vor drei Jahren waren die Vorfälle an der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Bielefeld bekannt geworden. Ein hauptamtlicher Mitarbeiter soll Jugendlichen sexualisierte Gewalt angetan haben. Ein Betroffener hatte ihn Jahre nach den Übergriffen angezeigt. Der Kirchenkreis stellte den Tatverdächtigen frei und zeigte ihn ebenso an. Der Fall kommt bald auch vor Gericht.

Betroffene verlangen seit 2022 eine Aufarbeitung der Fälle

Doch gleichzeitig kämpfen die Betroffenen seit 2022 dafür, dass es eine wissenschaftliche Aufarbeitung durch ein unabhängiges Institut gibt. „Die Kirche Bielefeld hat eine Studie zwar in Aussicht gestellt, aber dann immer wieder verschleppt und behindert“, so die Vorwürfe eines Sprechers. „Zuletzt hat sie versucht, ein renommiertes Forschungsinstitut zu diskreditieren, um die kritische Aufarbeitung in Bielefeld zu behindern.“ Das sei „verantwortungslos und respektlos“.

In der Tat hatte man sich zunächst auf eine Forschungseinrichtung geeinigt, die auch Missbrauchsfälle an einer Kirchengemeinde in Lüdenscheid untersucht hatte. Das wurde ohne Rücksprache mit den Opfern aufgekündigt. Der Bielefelder Superintendent Christian Bald entschuldigte sich später und nannte diese Entscheidung „eigenmächtig“: „Das hätte anders laufen müssen.

Studie soll klären, warum sexualisierte Gewalt möglich war

Jetzt aber soll die unabhängige Aufarbeitung stattfinden. „Einvernehmlich mit Betroffenen“ hat der Evangelische Kirchenkreis „eine wissenschaftliche Studie“ in Auftrag gegeben. Durchführen soll sie das Institut Dissens in Berlin.

Ein zentraler Bezugspunkt solle die Perspektive der Betroffenen sein. „Ein wichtiger Teil der Studie wird die Analyse der Strukturen sein, die sexualisierte Gewalt ermöglicht haben bzw. ermöglichen.“ Wo wurde was verdeckt? Wer war verantwortlich? Und vor allem: Welche Folgen hatte der Missbrauch für die Betroffenen?

Ergebnisse werden in 21 Monaten erwartet

Klar müsse aber sein, so Pfarrer Bald, dass die Studie erst erfolgen kann, wenn der Gerichtsprozess abgeschlossen ist. Das habe auf alle Fälle Vorrang. Deshalb könne auch von einer Verzögerung keine Rede sein.

Die Betroffenen bezweifeln das. Forschungsinstitute hätten ihnen zurückgemeldet, „dass sie bereits vor Prozessende mit der Studie starten könnten“, so ein Sprecher. Dennoch sei wichtig, das jetzt endlich etwas passiere: „Für die Betroffenen ist es wichtig, dass ihr Leid damit anerkannt wird.

Die Aufklärungsarbeit werde etwa 21 Monate dauern, heißt es vom Kirchenkreis Bielefeld: „Die Kosten für die gesamte Studie bewegen sich im unteren sechsstelligen Bereich.

Unsere Quellen:

  • Ev. Kirchenkreis Bielefeld
  • Interviews Betroffene

Studie soll Missbrauchsfälle in Bielefelder Kirche untersuchen WDR Studios NRW 14.03.2025 07:00 Min. Verfügbar bis 14.03.2027 WDR Online