Sieben Jahre Haft für Alemannia Aachen Hooligan

Stand: 13.03.2025, 16:28 Uhr

Er war gut vernetzt mit der Führung vom Alemannia Aachen, kochte Suppe für Obdachlose – als Türsteher im Aachener Rotlichtmilieu wurde er gewalttätig. Jetzt muss Kevin P. sieben Jahre ins Gefängnis – unter anderem wegen zweifachen versuchten Totschlags.

Von Richard Derichs

Die brutalste Tat beging der 38-Jährige kurz vor Weihnachten 2023. Einen Mann, der im Streit um Geld einer Prostituierten das Handy abgenommen hatte, traktierte Kevin P. mit einen Baseballschläger und immer wieder mit Fußtritten gegen den Kopf. Ein Video der Tat verschickte er unter anderem an Alemannia-Cheftrainer Heiner Backhaus und den Aufsichtsratsvorsitzenden Marcel Moberz.

Backhaus konnte vor Gericht belegen, den Clip nicht heruntergeladen zu haben. Moberz habe das Video zustimmend kommentiert. Weil er den Film außerdem weiterverbreitet haben soll, ist er ebenfalls Beschuldigter in einem Strafverfahren und inzwischen zurückgetreten. Ebenfalls zurückgetreten sind ein weiteres Aufsichtsratsmitglied, nämlich der Rechtsanwalt Osama Momen, gleichzeitig Verteidiger des Hooligans, und Verwaltungsratschef Dieter Lübbers. Er soll versucht haben, Kevin P. als Schläger für eine Bekannte anzuheuern.

Sieben Jahre Haft für Alemania Aachen Hooligan WDR Studios NRW 13.03.2025 00:47 Min. Verfügbar bis 13.03.2027 WDR Online

Taten während Bewährung begangen

Dass die Kontakte des Hooligans zum heutigen Drittligisten eine derart große Rolle in der Verhandlung spielten, hatte die Verteidigung mehrfach kritisiert. Dem Schwurgericht ging es aber darum, wie ihr Vorsitzender Markus Vogt in der Urteilsbegründung erklärte, die Persönlichkeit des Angeklagten zu bewerten. Immerhin stand auch die Frage einer Sicherungsverwahrung im Raum. Kevin P. verübte seine Taten während einer Bewährung, zudem war sein bisheriges Leben von Gewalt geprägt.

Wiederholt Schlägereien mit gegnerischen Fans

Der muskulöse, tätowierte Mann trat schon als Jugendlicher einer Alemannia-Hooligangruppe bei. Bis zu seiner Verhaftung im vergangenen Juli verabredete er sich immer wieder mit gegnerischen Fans zu Schlägereien. Allerdings außerhalb der Stadien.

Im Tivoli sei er als Führungsfigur der Fanszene ein zuverlässiger Ansprechpartner gewesen, um Ruhe zu bewahren, sagte ein szenekundiger Polizeibeamter in der Verhandlung als Zeuge aus. Der Zwiespalt, einerseits Gewalttäter, andererseits sozial engagiert zu sein, gehe auf eine fehlende Wertevermittlung in der Kindheit zurück, so ein Gutachter im Prozess, der Kevin P. hohe Intelligenz attestierte.

Staatsanwaltschaft kündigt Revision an

Dass Kevin P. sich für seine im Rotlichtmilieu begangenen Gewalttaten entschuldigt und knapp 10.000 Euro an drei Opfer gezahlt hat, wertete das Gericht nicht als strafmildernd. Auch nicht seine Drogensucht. Allerdings habe der 38-Jährige ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Nutzt er die Haft nicht, sein Verhalten zu verbessern, könnte er wegen seiner Neigung zu Gewalt in Sicherungsverwahrung kommen. Diese hatte die Anklage schon jetzt gefordert – und 14 Jahre Haft wegen der Schwere der Delikte. Unmittelbar nach dem Urteil kündigte die Staatsanwältin deshalb Revision an.

Unsere Quellen:

  • Landgericht Aachen
  • WDR-Reporter vor Ort