Neue Regeln bei Facebook und Co: Was man jetzt wissen muss

Stand: 09.01.2025, 11:21 Uhr

Meta-Chef Zuckerberg will mehr Freiheit und weniger Kontrolle auf seinen Plattformen. Was ist damit gemeint? Fragen und Antworten.

Von Andreas Poulakos

Der Internetkonzern Meta verabschiedet sich in den USA kurz vor Beginn der zweiten Amtszeit von Donald Trump von seinen Faktenchecks. Der Konzern will in den kommenden Monaten auch seine Beschränkungen für Diskussionen über umstrittene Themen wie Einwanderung und Geschlechtsidentität aufheben, teilte Konzernchef Mark Zuckerberg am Dienstag in einem Insta-Video mit. Das Ziel sei mehr Meinungsfreiheit.

Was genau meint Zuckerberg, wenn er "Zensur" auf seinen Plattformen beklagt? Und was sind "Community Notes", die künftig unabhängige Faktenchecks ersetzen sollen? Fragen und Antworten.

Welche Plattformen sind betroffen?

Die neuen Regeln gelten für soziale Medien, die unter dem Dach von Meta versammelt sind. Darunter fallen auch die beiden derzeit größten Plattformen Facebook und Instagram, aber auch die "X"-Alternative Threads. Zwar gehört der Kurznachrichtendienst WhatsApp ebenfalls zu Meta. Weil sich Posts auf WhatsApp in der Regel an einen begrenzten Teilnehmerkreis richten und keine Algorithmus-gesteuerte Verbreitung der Nachrichten vorgesehen ist, ändert sich für die Nutzer wohl erstmal nichts.

Was ist ein "Faktencheck"?

In den Sozialen Medien werden seit Jahren zunehmend falsche Informationen veröffentlicht, die keiner Überprüfung standhalten. Bleiben solche Äußerungen unwidersprochen, können sie als Instrument zur gezielten Manipulation der öffentlichen Meinung eingesetzt werden. Facebook und andere sozialen Medien setzen deshalb (noch) auf Faktenchecks, um problematische Inhalte zu kennzeichnen.

Faktenchecker sind in der Regel unabhängige Journalisten, die den Wahrheitsgehalt einer Aussage gemäß journalistischer Standards überprüfen. In Deutschland werden dafür unter anderem Redaktionsteams bei Correctiv oder der Deutschen Presse-Agentur beauftragt. Dafür recherchieren sie zum Beispiel, ob die genutzten Zitate wirklich so gefallen sind oder ob die Aussage des Posts durch seriöse Studien oder Statistiken belegt werden kann. Anschließend bewerten sie die Aussagen nach Kategorien wie "stimmt" oder "frei erfunden".

Als Falschinformationen identifizierte Inhalte werden anschließend entsprechend markiert. Plattformen wie Facebook nutzen zusätzlich einen Warnhinweis, sodass für alle ersichtlich ist, dass unabhängige Faktenchecker den Beitrag als unglaubwürdig einstufen.

Was sind Community Notes?

Als Ersatz für die Faktenchecker, die Zuckerberg in seinem Video pauschal als "oft politisch voreingenommen" bezeichnet, sollen auf den Meta-Plattformen künftig die Nutzer selbst darüber abstimmen, ob die Aussagen wahr oder falsch sind. Das funktioniert über die sogenannten Community Notes, die zum Beispiel seit einiger Zeit auf der Plattform "X" eingesetzt werden.

Wenn Nutzer auf potenziell irreführende oder falsche Aussagen aufmerksam werden, können sie ihre Zweifel öffentlich machen. Hilfreiche Anmerkungen können dabei von anderen Usern positiv, nicht hilfreiche negativ bewertet werden. Haben genug User eine Anmerkung als hilfreich bewertet, so wird sie prominent neben dem kritisierten Beitrag angezeigt.

Kritik: Die scheinbar "demokratische" Form der Wahrheitsfindung kann relativ leicht manipuliert werden. Außerdem ist es fraglich, ob die teilnehmenden User so gut informiert sind, dass sie eine valide Feststellung über den Wahrheitsgehalt treffen können.

Welche Regeln stellt der Digital Services Act auf?

In Deutschland und der EU ist es fraglich, ob die neuen Meta-Regeln nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Der Digital Services Act (DSA) schreibt großen Online-Plattformen unter anderem vor, Falschinformationen und "illegale Inhalte" wie Terror-Verherrlichung oder Darstellungen sexueller Gewalt schnell zu löschen, sobald sie den Unternehmen bekannt sind.

Maßgeblich sind dabei Gesetze der Mitgliedsstaaten: So ist etwa in Deutschland das Verbreiten von Nazi-Propaganda tabu. Weil die Plattform "X" eine Löschung von Falschinformationen in der Regel ablehnt, laufen in der EU bereits Ermittlungen gegen die Betreiber. Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, drohen den Plattformen hohe Geldstrafen.

Zuckerberg kündigte an, gemeinsam mit dem designierten US-Präsidenten Trump "gegen Regierungen weltweit vorzugehen", die angeblich US-Unternehmen wie Meta wegen ihrem Einsatz für Meinungsfreiheit unter Druck setzen: "In Europa werden Gesetze verabschiedet, die Zensur institutionalisieren und Innovation erschweren."

Am Mittwoch reagierte die EU-Kommission: "Wir weisen jeden Vorwurf der Zensur entschieden zurück." Die relevanten Vorschriften des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, kurz DSA) bezögen sich nicht auf gesetzeskonforme Inhalte, so die Kommission. Betroffen sei nur Material, das schädlich sei, etwa für Kinder oder die Demokratien der EU-Staaten.

Was versteht man unter freier Meinungsäußerung und Zensur?

Die Meinungsfreiheit ist ein zentrales Menschenrecht, das − laut Bundesverfassungsgericht − für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung "konstituierend" ist. In Deutschland wird das Recht auf freie Meinungsäußerung durch das Grundgesetz garantiert. In Artikel 5 heißt es: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (...)."

Das Grundgesetz geht noch einen Schritt weiter. Ebenfalls in Artikel 5 heißt es klipp und klar: "Eine Zensur findet nicht statt". Gemeint ist damit eine Überprüfung und Kontrolle von veröffentlichten Meinungen, meist durch eine staatliche Instanz, mit denen die Verbreitung von politisch unerwünschten Meinungsäußerungen verhindert werden soll.

Sowohl Meinungsfreiheit als auch das Zensurverbot unterliegen in Deutschland bestimmten Einschränkungen. Im Grundgesetz heißt es dazu, dass diese Rechte durch "allgemeine Gesetze", den Jugendschutz und dem "Recht der persönlichen Ehre" eingeschränkt werden können. Beleidigungen sind zum Beispiel nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerungen gedeckt. Es ist ebenfalls verboten, den Holocaust zu leugnen, zu billigen oder zu verharmlosen.

Was meint Zuckerberg, wenn er von "legacy media" (Altmedien) spricht?

"Legacy media" ist ein Kampfbegriff, der sich vor allem in der rechten Szene durchgesetzt hat. Gemeint sind in der Regel Massenmedien, die schon vor der Internet-Revolution die veröffentlichte Meinung geprägt haben - zum Beispiel etablierte Tageszeitungen oder Fernsehsender.

In den USA wurde der Kampf gegen die sogenannten Altmedien vor allem durch Donald Trump befeuert, der sich mit dem Vorwurf von "Fake News" gegen mediale Kritik an seiner Person wehrte. Zuckerberg schließt sich in seinem Video dieser Sichtweise an. Etablierte Medien drängten auf mehr Zensur, so seine Behauptung.

Werden die Regeln auch in Deutschland geändert?

Zunächst sollen die Änderungen in den USA nach und nach eingeführt werden. In Deutschland könnte es länger dauern, bis entsprechende Regeln umgesetzt werden - wenn überhaupt. Grund ist der Digital Services Act, der Unternehmen wie Meta dazu verpflichtet, aktiv gegen Hassrede und Desinformation vorzugehen.

Am Mittwoch teilte Meta mit, dass in Europa zumindest die Faktenchecks in ihrer bisherigen Form vorerst beibehalten werden. Eine Abschaffung wäre aber auch in der EU möglich. Faktenchecks sind nach Angaben des Kommissionssprechers für Digitalfragen, Thomas Regnier, nur einer der Wege, um die Vorgaben aus Brüssel zu erfüllen. Auch die von Zuckerberg angekündigten "Community-Notes" seien theoretisch eine Möglichkeit - entscheidend sei nur, ob die Maßnahmen Wirkung zeigten.

Unsere Quellen:

  • Mark Zuckerberg auf Instagram
  • Deutsche Presse-Agentur
  • Homepage Bundesregierung
  • Bundeszentrale für politische Bildung

Über dieses Thema berichtet der WDR am 08.01.2025 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde um 18.45 Uhr.