Stretching mit dem Tablet, Lauftraining mit dem Fitnesstracker, Blutdruck messen mit dem Smartphone - Gesundheits-und Fitness-Apps werden immer beliebter. Wie alltagstauglich sind die smarten Helfer? Wir haben einige KI-basierte Apps einem Alltagstest unterzogen. Unsere Tester: eine Großfamilie.
Küchenplan für die Großfamilie
Katja Dederichs hat acht Kinder und ist oft online. Sie postet regelmäßig Insta-Stories und Youtube-Videos, die ganze Familie ist auf Social-Media unterwegs. Doch nun soll es um Ernährung gehen. Denn in einer solch großen Familie gehen manchmal einfach die kreativen Ideen aus, was täglich auf den Tisch kommen könnte.
Als erstes soll die Familie die wohl bekannteste Ki-basierte App ausprobieren: ChatGPT. Dieses Tool dient vielen anderen Ki-basierten Apps als Basis, sagt KI-Experte Yunus Uyargil. ChatGPT lernt aus den Anfragen der User und gibt dann passende Texte oder Bilder aus. "Das ist das Neue, nämlich die generative KI. Man könnte ein Bild vom Inhalt des Kühlschranks machen und ChatGPT analysieren lassen, was eigentlich drin ist."
KI analysiert die Zutaten
Gesagt getan. Katja und ihr Sohn Joshua machen erst einmal ein Foto von Zutaten, die sie zufällig gerade finden. Auf dem Tisch landen Mehl, Eier, Öl, Kakaopulver und zwei Bananen. Hm, was lässt sich daraus machen? Die beiden fragen die KI nach einem zuckerfreien Rezept dafür. Und tatsächlich hat die App sofort eine Idee. ChatGPT antwortet: "Mit den Zutaten auf dem Bild kann man einen leckeren Schokoladen-Bananenkuchen backen". Im Anschluss liefert die App dann prompt ein Rezept dafür. Katja ist begeistert. "Wie cool ist das denn."
Die App liefert den Speiseplan
Es geht in die nächste Runde, und da wird es schon kniffliger. Katja hat genaue Vorstellungen: "Ich möchte für diese Woche ein paar gesunde und kalorienreduzierte Gerichte zum Mittagessen kochen. Das Ganze soll Montag, Mittwoch und Freitag vegetarisch und Dienstag und Donnerstag mit Fleisch oder Fisch sein."
Und schon wird fleißig getippt: Mittagessen, für zehn Personen im Alter von sechs bis 48 Jahren, sieben Tage die Woche vegetarisch und auch mit Fleisch und Fisch. Heraus kommt: Hähnchen, Gemüsespieße mit Couscous und gegrillte Paprika. Es erscheint im Chat ein Speiseplan, jedoch ohne Rezepte. Die müsste man im nächsten Schritt weiter erfragen.
Fazit: „Also mir persönlich fehlen konkrete Mengenangaben, gemünzt auf unseren Zehn-Personen-Haushalt.“ Für die Dederichs zu viel Aufwand für sieben Mittagessen. Und so greifen sie lieber wieder klassisch aufs Kochbuch zurück.
Smartes Fitness-Heimtraining
Der nächste Testkandidat der Familie ist der 18-jährige Joel. Er will die App "Best Body Project" testen und sich von der KI einen Fitnessplan für die nächsten vier Wochen erstellen lassen. Die Künstliche Intelligenz der App bezieht Einflüsse von ChatGPT in ihre Antworten und Abläufe mit ein. Ein Chatbot checkt Daten wie Größe und Gewicht und fragt den Nutzer, was genau er will: abnehmen, Muskeln aufbauen oder fit bleiben.
Um das Fitnesslevel des 18-Jährigen zu ermitteln, muss Noel als nächstes zeigen, wie lange er einen Plank - also einen Unterarmstütz - halten kann und wie viele Liegestütze er schafft. Damit Noel eine genauer abgestimmte Fitnessberatung bekommt, kann er mittels Foto-Tracking seinen Körper frontal und seitlich fotografieren und auswerten lassen. Kostet aber extra.
Dann geht es an den Trainingsplan. Das Programm zeigt mittels eines Avatars und Timers verschiedene Übungen an. Nach 30 Minuten ist Joel ordentlich außer Puste, aber zufrieden mit seiner sportlichen Herausforderung. Als Nachteil bewertet er allerdings das fehlende Gemeinschaftsgefühl. Fazit: "Ich glaube, ich würde eher ins Fitnessstudio gehen. Ich denke, weil das einfach mehr motiviert als nur eine App", sagt Joel.
"System hat noch Schwachstellen"
Und was sagen die Fachleute? Auch die schauen nämlich mit Interesse auf die Entwicklungen, wie zum Beispiel Eduard Isenmann, Sportwissenschaftler der Sporthochschule Köln: "Mittels ChatGPT erstellen wir in unserer Studie gerade auch Trainingseinheiten, die wir dann von langjährigen Fitness- und Ernährungsberatern bewerten lassen. Außerdem haben wir Apps mit Ernährungstrackern unter die Lupe genommen."
Das vorläufige Fazit: Bei Ernährungsapps würden die genauen Nährstoffangaben fehlen. Der Wissenschaftler sieht da noch Luft nach oben: "Das System hat insofern Schwachstellen, dass wir mit möglichst wenig Angaben einen guten Plan auf die Beine stellen wollen, doch ChatGPT braucht viele Informationen, um vernünftige Ausgaben zu leisten."
Der Preis: Geld oder Daten?
KI-basierte Apps gibt es natürlich für alle erdenklichen Bereiche, und auch Familie Dederichs hat sich nicht nur für die smarten Ernährungs- und Fitnessapps interessiert. So haben sie sich auch angeschaut, wie man Sprachen per App lernen könnte, wie man Gartenpflanzen ganz einfach bestimmt oder mit Fotobearbeitung spielen kann.
Die Auswahl an Apps ist groß, sagt auch die KI-Expertin Kenza Ait Si Abbou. Ihr Tipp: "Man sollte sich immer fragen, was bietet mir die App an Mehrwert und was muss ich dafür zahlen?"
Manche Apps hätten eben auch nur einen Entertainmentfaktor. Sie empfiehlt sich vor dem Herunterladen der App immer anzuschauen, wer der Anbieter der App ist und was mit den persönlichen Daten geschieht. "Werden sie gespeichert? Oder an wen werden sie weitergeleitet?"