Apple hat sich auch dieses Jahr viel Mühe gegeben, bei seinem September-Event die Bestseller des Hauses - iPhone, Apple Watch und die Kopfhörer AirPods - rechtzeitig vor Weihnachten aufzumöbeln und zu vermarkten. Denn nur wenn es etwas Neues gibt, kaufen die Leute.
Neue iPhone 16-Modelle bieten mehr Foto und Video
Die entscheidende Frage ist immer: Wie viel ist wirklich neu? Dieses Jahr hat Apple dem iPhone einen neuen Prozessor spendiert, der deutlich leistungsfähiger ist. Außerdem gibt es ein rund 0,5 Zentimeter größeres Display. Ebenso eine höhere Auflösung und Bildqualität bei Foto und Video.
Die Kamera lässt sich jetzt durch einen separaten Kamera-Button aktivieren und steuern, was zweifellos ein Vorteil und längst überfällig ist, weil die meisten ihre Smartphones heute in erster Linie als Kamera benutzen.
Im Vordergrund steht "Apple Intelligence"
Doch die wichtigsten Neuerungen sind die komplett neuen KI-Funktionen im Gerät, "Apple Intelligence" genannt. So wie andere Hersteller, vor allem Google und Huawei, setzt auch Apple auf die Macht der Künstlichen Intelligenz, um das Smartphone besser bedienbar und leistungsfähiger zu machen.
Der Sprachassistent Siri soll nun deutlich besser verstehen, was die User sagen. Zum einen durch leistungsfähigere Mikrofone, vor allem aber durch KI. Siri versteht demnächst den Kontext: "Ruf Mama an" oder "Schicke meinem Mann die Ankunftszeit" werden künftig ausgeführt, weil der Kontext verstanden wird. Siri kennt dann zum Beispiel die Familienmitglieder und weiß auch, dass ein Flug bevorsteht und kann die Ankunftszeit ermitteln.
Siri soll endlich Alltagssprache verstehen
Auch soll es künftig möglich sein, in Alltagssprache und weniger roboterhaft mit Siri zu sprechen. Auch können User Bezug auf den aktuellen Inhalt des Displays nehmen. Der eingebaute A18-Prozessor erledigt die meisten Aufgaben im Gerät, es ist seltener als früher nötig, dafür online zu gehen. Das bedeutet kürzere Reaktionszeiten.
Viele andere KI-Funktionen versprechen eine einfachere Bedienung: Apple Intelligence ist in der Lage, E-Mails auf Wunsch umzuformulieren (freundlicher, offizieller), bestimmte Nachrichten aufzuspüren (finde den jüngsten Newsletter vom WDR) oder auch bestimmte Fotos oder Videos zu finden (alle Fotos, in denen ich ein blaues Shirt trage).
Vieles davon kann direkt im eingebauten Prozessor erledigt werden, was gut ist, weil auf diese Weise keine Daten nach außen dringen und die Aufgaben schnell erfüllt sind.
KI-Funktionen kommen vorerst nicht nach Deutschland
Es gibt nur ein Problem: Diese KI-Funktionen kommen vorerst nicht nach Europa, und damit auch nicht nach Deutschland.
Apple hat angekündigt, dass es seine neuen KI-gestützten Funktionen vorerst nicht in der Europäischen Union einführen wird. Als Grund nennt das Unternehmen die Anforderungen des Digital Markets Act (DMA), insbesondere die Interoperabilitätsvorschriften.
Der DMA schreibt Konzernen wie Apple vor, seine Betriebssysteme und Plattformen zu öffnen: Eine "Apple Intelligence" exklusiv zu machen und anderen KI-Anbietern nicht die Möglichkeit zu bieten, ebenfalls tief ins Betriebssystem integriert zu werden, könnte mit der EU-Regulierung kollidieren.
Könnte. Doch will Apple kein Risiko eingehen, schließlich drohen bis zu zehn Prozent des globalen Umsatzes als potenzielle Strafe.
EU-Regeln verhindern den Einsatz von KI
Apple argumentiert, dass die Einhaltung der EU-Regeln die Integrität der Produkte gefährden und Risiken für die Privatsphäre und Datensicherheit der Nutzer mit sich bringen würde.
Die Verantwortung für diese Situation liegt sowohl bei Apple als auch bei der EU-Regulierung. Während die EU mit dem DMA darauf abzielt, einen faireren Wettbewerb im digitalen Markt zu schaffen und die Macht großer Technologieunternehmen einzuschränken, sieht Apple die Anforderungen als problematisch für seine Produktintegrität an.
Apple hat angekündigt, mit der Europäischen Kommission zusammenzuarbeiten, um eine Lösung zu finden, die es ermöglicht, diese Funktionen auch EU-Kunden anzubieten, ohne deren Sicherheit zu gefährden.
Derzeit ist unklar, wann und ob die KI-Funktionen in der EU verfügbar sein werden. Apple stelle eine mögliche Einführung für 2025 in Aussicht.
Auch Google hält KI-Funktionen in EU zurück
Apple ist keineswegs das einzige Unternehmen, das mit der EU-Regulierung Schwierigkeiten hat: Auch Google hält KI-Funktionen zurück. Das brandneue Google Pixel 9, erst vor wenigen Tagen veröffentlicht, bietet ebenfalls eine Reihe neuer KI-Funktionen, die auf dem Tensor G4-Chip und Googles Gemini-KI basieren.
Zu den Highlights gehören der neue Gemini-Assistent (vergleichbar mit ChatGPT), der komplexere Aufgaben und natürlichere Gespräche ermöglicht, sowie KI-gestützte Kamerafunktionen wie "Add Me" für Gruppenfotos, verbesserte Zoom-Fähigkeiten und einen "Magic Editor" zur Bildbearbeitung.
Funktionen wie "Call Notes", die Gespräche automatisch zusammenfassen können, kommen ebenfalls vorerst nicht in die EU. Auch Google nennt als Grund die Anforderungen des Digital Markets Act (DMA), insbesondere die Interoperabilitätsvorschriften.
Ähnlich wie Apple argumentiert Google, dass die Einhaltung dieser Vorschriften die Integrität der Produkte gefährden und Risiken für die Privatsphäre und Datensicherheit der Nutzer mit sich bringen würde.
Für alle, die gerne die neuen Luxus-Handys vollständig nutzen wollen, sind das keine guten Nachrichten. Allem Anschein nach greifen die EU-Regel zu weit, vor allem, weil man nicht den Nutzern die Wahl lässt. Das wäre schließlich auch eine Möglichkeit.
Verwendete Quellen:
- Apple
- dpa