Es war erst drei Minuten nach zehn. Oliver Wittke (CDU) drückte aufs Tempo. Mehrfach forderte der ehemalige NRW-Verkehrsminister den Beginn der für Freitagmorgen (26.04.2013) angesetzten Landtagssitzung lautstark von seinem Platz im Plenum aus ein. Die Ungeduld überraschte. Auf dem Programm standen die Klausner-Verträge, Wittkes Partei hatte mit unangenehmen Fragen zu rechnen.
Was wusste die Landesregierung?
Doch die Union hatte zunächst etwas anderes im Sinn: eine Änderung der Tagesordnung. Wichtiger als die Millionenklagen des österreichischen Holzmultis war ihr die komplette Schließung von Opel Bochum, die am Donnerstagabend (25.04.2013) bekannt geworden war. Ein paar Stunden früher war die Zukunft des Standortes noch Thema im Landtag. Von einem Aus des Logistikzentrums war da noch keine Rede. "Jetzt stellt sich die Frage: Was wusste diese Landesregierung zum gestrigen Zeitpunkt davon?", sagte CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann. An Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) adressiert schob er nach: "Für mich lässt das nur zwei Interpretationen zu: Entweder wird diese Landesregierung von den Gesprächspartnern überhaupt nicht mehr ernst genommen, oder Sie, Herr Duin, haben das Parlament mit voller Absicht belogen und getäuscht."
Eine Sondersitzung sollte Klarheit bringen, beginnen sollte sie sofort. Bei aller Dringlichkeit des Themas wirkte der Vorstoß der Union wie ein Ablenkungsmanöver vom Klausner-Fall. SPD-Fraktionschef Norbert Römer gab sich deswegen auch gar nicht die Mühe, inhaltlich auf Laumanns Vorhaltungen einzugehen. "Dieses Thema Opel ist viel zu wichtig, als dass es auf dem Rücken der Kolleginnen und Kollegen ausgetragen werden sollte", gab er etwas halbgar zu Protokoll, bevor der Landtag mit seiner rot-grünen Mehrheit den Antrag auf Änderung der Tagesordnung ablehnte.
Schließung des Logistikzentrums schon seit vier Wochen klar
Vom Tisch ist es deswegen nicht. Noch während der darauffolgenden Plenardebatte beantragten CDU, FDP und Piraten gemeinsam eine Sondersitzung zum Thema Opel zu einem späteren Zeitpunkt. "Offensichtlich ist die Landesregierung nicht hinreichend in Gespräche zum Standort Bochum eingebunden", meldete sich Christian Lindner per Pressemitteilung zu Wort. "Hannelore Kraft hat bis heute ihr politisches Gewicht nicht eingebracht." Die Piraten fordern "völlige Transparenz". Am Nachmittag, so Fraktionssprecher Ingo Schneider, habe man noch mit Opel telefoniert. Dort habe man gesagt, die Schließung des Logistikzentrums sei schon vor vier Wochen klar gewesen. "Wenn das so ist, dann muss die Landesregierung klar sagen, ob sie davon wusste." Und sie müsse alle Ressourcen dafür frei machen, Lösungen für die Bochumer Angestellten zu finden.
Im Wirtschaftsministerium zeigt man sich ob der Vorhaltungen verwundert: "Bereits im Vorfeld der Abstimmung über den Tarifvertrag hat das Opel-Management erklärt, ein negatives Votum werde zur Schließung des kompletten Standorts Bochum mit allen drei Werken führen", sagte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) am Freitagnachmittag (26.04.2013). "Ein Nein musste daher auch Auswirkungen auf das Warenverteilzentrum zur Folge haben." Darüber seien auch die Landtagsfraktionen informiert gewesen. Laumann nutze die Werkschließung zur "politischen Profilierung". Die Veröffentlichung der Opel-Mitteilung am Donnerstag (25.04.2013) sei bedauerlich. Sie verhärte die Positionen bei der Suche nach einer Lösung für die Beschäftigten.
Sondersitzung zu Opel-Aus
Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Daniela Schneckenburger, warf CDU und FDP vor, Kapital aus der schwierigen Lage der Opel-Beschäftigten schlagen zu wollen. "Für die Menschen wäre es besser, wenn alle Fraktionen die Landesregierung in ihrem Bemühen unterstützen, eine Perspektive für Bochum zu entwickeln." General Motors/Opel dürfe sich seiner Verantwortung nicht entziehen.
Am Dienstag (30.04.2013) dürften diese Argumente noch einmal ausgetauscht werden. Dann nämlich trifft sich der Landtag zur von CDU, FDP und Piraten beantragten Sondersitzung.