Nach der Sprengung des Stadtschlosses im Jahr 1950 ist Berlin Mitte verödet. Ein neues Symbol des Friedens und der sozialistischen Freiheit soll die Lücke füllen. So will es Walter Ulbricht. Zunächst denkt der Partei- und Staatsratsvorsitzende der SED an ein neues Regierungshochhaus. Aber ein Regime, das auf seine Bürger hinabblickt, ergibt kein gutes Bild.
So entsteht die Idee eines repräsentativen Fernsehturms mit Drehrestaurant. Der erste Bauansatz des Prestigeprojekts muss noch abgebrochen werden, als klar wird, dass der gewählte Standort die Einflugschneise des Flughafens behindern würde. 1965 wird auf einer Freifläche zwischen dem Marx-Engels-Forum und dem Alexanderplatz dann der Grundstein für den heutigen Berliner Fernsehturm gelegt.
Das Band wird durchschnitten
Das unaufhörliche Wachstum ihres Fernsehturms können die Bürger Ostdeutschland in der Presse von Anfang an nachverfolgen. 1966 etwa werden, als Zeichen sozialistischer Planübererfüllung, 170 Meter vermeldet: "Das ursprüngliche Ziel der Bauarbeiter ist damit bereits um 20 Meter übertroffen." Wenige Monate später ist bereits alles "bis zu einer Höhe von 200 Metern betoniert". Und im April 1967 verkünden die Staatsorgane aus gegebenem Anlass: "Heute, am Tage der Eröffnung des VII. Parteitags, hat er die beachtliche Höhe von genau 226,43 Metern erreicht."
Am 3. Oktober 1969 ist es dann endlich soweit: Der Berliner Fernsehturm wird feierlich eingeweiht. 365 Meter misst er da bis zur Antennenspitze. "Auf einem silbernen Tablett wird unserem Staatsratsvorsitzenden die Schere gereicht, mit der er das rote Band durchschneiden wird", heißt es in einem Live-Kommentar. In der ihm eigenen Diktion bedankt sich Walter Ulbricht anschließend bei all denen, "die sich Mühe gegeben haben, im Zentrum der Hauptstadt der DDR dieses impulsive ... äh ... imponierte ... imponierende Bauwerk zu erreichten."
Für Frieden und Sicherheit
"Vom Fernseh- und Funkturm aus für die DDR, ihre Friedenspolitik, von ihrer Politik der Demokratie und des Sozialismus weithin in andere Länder kündend und die Völker ermutigend, gemeinsam den Kampf zu führen für die Sicherung des Friedens und für die europäische Sicherheit", verkündet Ulbricht in eigenwilliger Grammatik in seiner Rede. Die Bürger der DDR schauen trotzdem weiter gerne Westfernsehen.
Egal: Der im internationalen Stil gefertigte Fernsehturm mit seiner markanten Kugel ist 1969 das vierthöchste Bauwerk Europas. Die BRD kann ihm an Höhe ohnehin nichts Vergleichbares entgegensetzen. Heute gehört der Berliner Fernsehturm zu den zehn beliebtesten Sehenswürdigkeiten des vereinten Deutschland. Eine Millionen Menschen besuchen ihn in jedem Jahr.
Stand: 03.10.2014
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