Stichtag

29. September 1829 – Scotland Yard wird gegründet

Scotland Yard ist eine Erfindung der Großstadt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts nämlich lässt die Industrielle Revolution mit ihren Fabriken die Großstädte explodieren. Die Bevölkerungszahlen schießen sprunghaft in die Höhe, und mit ihnen auch die Anzahl der Verbrechen. Eine funktionierende Polizei aber gibt es nicht, private Ermittler können sich nur die Reichsten leisten. So treiben die Ganoven im Schutz des schmutzigen Londoner Nebels fast ungehindert ihr Unwesen. Und die korrupten Detektive mischen kräftig mit. 

Innenminister Robert Peel will das ändern. Er träumt von einer schnellen Einsatztruppe, die dem Verbrechen in London den Garaus macht. Am 29. September 1829 ist es so weit. In London eröffnet der Metropolitan Police Service (MPS) seine Pforten. In der Bevölkerung aber wird die in der ehemaligen Residenz schottischer Könige untergebrachte Behörde von Anfang an nach ihrer Straßenlage benannt: "Scotland Yard". 

Die "Peelers

Mit den 1.000 Gentleman-Polizisten, die fortan in blauem Frack und mit Zylinder durch die Straßen Londons patrouillieren, setzt sich Peel, der die Konservative Partei begründet und später Premierminister wird, ein zunächst nicht unumstrittenes Denkmal: Teils spöttisch, später eher liebevoll "Peelers" oder "Bobbies" genannt, traut nicht jeder Londoner – und erst recht nicht jeder Politiker im Parlament – der Truppe die Bekämpfung des Verbrechens zu. 

Aber der Erfolg gibt Peel recht. Basis hierfür ist, dass Scotland Yard von Anfang an extrem fortschrittlich agiert. Seine Ermittler nutzen die moderne Telegrafie, um möglichst schnell Informationen auszutauschen, und werten zur Aufklärung von Diebstahl und Mord die Fingerabdrücke aus. Sogar ein gerichtsmedizinisches Labor steht Scotland Yard zur Verfügung. Später nutzen die Fahnder als erste weltweit den Computer.    

Polizisten wandern ins Gefängnis 

Natürlich ist auch Scotland Yard keine reine Erfolgsgeschichte. Der ebenso berüchtigte wie nebulöse Londoner Frauenmörder Jack the Ripper etwa bleibt für immer ungefasst. Und in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts nagt ausgerechnet ein Korruptionsskandal am Image der unbestechlichen britischen Gesetzeshüter. Hunderte von Polizisten müssen ihren Dienst quittieren, viele wandern ins Gefängnis.

Heute ist der tadellose Ruf von Scotland Yard wieder hergestellt. Wenn es um Kapitalverbrechen, Drogendelikte, Terrorakte oder die Sicherheit ihres Königshauses geht, verlässt sich die britische Öffentlichkeit längst wieder auf die Zuverlässigkeit der 30.000 Beamten, die für die Polizeiinstitution ihren Dienst verrichten – und das inzwischen weit über die Grenzen Londons hinaus.

Stand: 29.09.2014

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