"Fasse dich kurz": So steht es an jenen gelben Häuschen der Deutschen Bundespost, die das Straßenbild der Bundesrepublik bis in die 90er Jahre prägen. Dort kann man für 20 Pfennige Ortsgespräche führen - und für etwas mehr Geld in die weite Welt hinaustelefonieren.
Heute, wo jedermann dank Handy-Flatrates ohne Limit sprechen kann, sind öffentliche Münzfernsprecher eher Mangelware. Aber in den Anfangszeiten des Telefons, in denen sich nicht jeder Bürger einen eigenen Apparat leisten kann, ist ihre Entwicklung äußerst lukrativ.
Telefonistin als Kontrollinstanz
1876 erhält Alexander Graham Bell ein Patent auf sein Telefon. Ob er auch mit dem Gedanken spielt, einen Apparat mit Bezahlvorrichtung für den öffentlichen Raum zu konstruieren, ist nicht überliefert. Diese Aufgabe übernimmt der Amerikaner William Gray aus Connecticut. Am 13. August 1889 lässt er sich seinen Münzfernsprecher patentieren. Zehn Jahre später werden auch in Berlin die ersten 100 Automaten installiert.
Bei seiner Erfindung macht sich Gray den Umstand zunutze, dass Verbindungen damals durch ein "Fräulein vom Amt" erst noch gestöpselt werden müssen. Der Erfinder macht die Vermittlerin kurzerhand zur Kontrollinstanz. In seinem Münzfernsprecher wird das Geldstück durch zwei Metallplatten geleitet, die parallel zum Mikrofon mit Kontakten verdrahtet sind. Das so erzeugte Geräusch ist das Signal für die Telefonistin, die gewünschte Verbindung herzustellen.
"Münzfernsprecher 28"
Zunächst werden Grays nicht wetterfeste Münzfernsprecher in öffentlichen Gebäuden bereitgestellt. Danach entstehen robuste Zellen als Außenhaut, die an belebten Verkehrsknotenpunkten aufgestellt werden.
1956 kommen mit der Einführung des Selbstwählferndienstes in der Bundesrepublik die ersten Telefonzellen mit Münzfernsprechern zum Einsatz, die das Geldstück selbst erkennen können. Der "Münzfernsprecher 28" der Deutschen Post ist in der Lage, abhängig vom Tarif der Nah- und Fernverbindung und der Dauer des Gespräches fortlaufend neue 5-, 10- oder 50-Pfennig-Stücke sowie 1-D-Mark-Münzen einzufordern.
Noch in den 60er Jahren besitzt nur jeder siebte bundesdeutsche Haushalt ein eigenes Telefon. Dem entsprechend lang sind zeitweise die Schlangen vor den gelben Häuschen. Heute ist das kaum mehr vorstellbar.
Stand: 12.08.2014
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