"Winston Churchill soll sich während des Zweiten Weltkriegs solche Sorgen um den Bestand der Affen gemacht haben, dass er welche importieren ließ", sagt Sir James Dutton, Gouverneur von Gibraltar und damit Statthalter der britischen Königin auf dem Felsen am Mittelmeer. Denn die Legende besagt, dass die britische Herrschaft in Gibraltar endet, wenn die Affen den Felsen verlassen haben. "Die Affen sind im Moment jedoch nicht unser Problem", sagt Dutton. Früher hätte ein neuer Gouverneur eine Bootsfahrt durch die Bucht auf die spanische Seite unternommen, um dem Gouverneur von Algeciras seine Aufwartung zu machen. "Das geschieht heute nicht mehr, weil die Beziehungen schlecht sind", sagt Dutton. Spanien und Großbritannien streiten darüber, zu wem El Peñón, der Felsen, und die Meeresfläche davor, gehört. Es handelt sich zwar um einen kleinen, aber strategisch wichtigen Landzipfel. Gerade einmal 6,5 Quadatkilometer groß, liegt er an der Straße von Gibraltar, einer der am meisten befahrenen Wasserstraßen der Welt.
Ein Schmuggler-Paradies
Am 4. August 1704 stürmt eine Armada die kleine spanische Festung von Gibraltar, während der Siesta. Im Spanischen Erbfolgekrieg 1701 bis 1714 führt England eine Koalition mit Österreich und den Niederlanden gegen die verbündeten Spanier und Franzosen an. "Gibraltar wurde im Namen des österreichischen Erzherzogs erobert. Geleitet wurde die Militäroperation aber von einem Deutschen, dem Prinzen Georg von Hessen-Darmstadt", sagt der Historiker Gareth Stockey von der Universität Nottingham. Ein britischer Gouverneur übernimmt das Kommando von dem deutschen Prinzen. Offiziell britisch wird der Zipfel neun Jahre später: Spanien tritt das Gebiet mit dem Frieden von Utrecht offiziell ab. "Der König tritt hiermit … der Krone Großbritanniens das volle Eigentum an der Stadt und der Burg von Gibraltar ab ...; er überträgt besagtes Eigentum absolut und mit allen Rechten - auf Ewig, ohne Ausnahme und Hindernis", heißt es in dem Vertrag von 1713.
Diese Zusage bis in alle Ewigkeit hindert die Spanier nicht daran, den Felsen immer wieder zu belagern – und immer wieder zu scheitern. Weil Steuern und Abgaben in Gibraltar niedrig und in Spanien hoch sind, wird der Felsen zu einem Paradies für Schmuggler. "Vor 1850 wurden mehr Textilien nach Gibraltar importiert als nach ganz Spanien", erklärt der Historiker Gareth Stockey.
Die Affenpopulation bleibt stabil
Öffentlich ist es das Ziel jeder spanischen Regierung, Gibraltar wiederzubekommen. In der Praxis jedoch – vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert – sind gute Beziehungen zu Großbritannien wichtiger. Tatsächlich hält Großbritannien Gibraltar inzwischen länger besetzt, als Spanien es je besessen hat. Denn vor den Spaniern herrschten dort die Araber. Die Vereinten Nationen schlagen Gibraltar dennoch eindeutig Spanien zu. Der Felsen steht auf der UN-Liste der zu entkolonialisierenden Gebiete. Nur zeigen verschiedene Referenden, dass die meisten der knapp 30.000 Bewohner Gibraltars britisch bleiben wollen.
Großbritannien besteht also weiterhin auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker - und Spanien weiter auf seinem Gebietsanspruch. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Wer auf jeden Fall auf dem Felsen bleiben wird, sind die Berberaffen. Die Population ist stabil.
Stand: 04.08.2014
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 4. August 2014 ebenfalls an die Besetzung von Gibraltar. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.