An ihrem 63. Geburtstag sitzt Monica Bleibtreu unter den 2.000 Gästen bei der 57. Verleihung des Deutschen Filmpreises im Berliner Palais am Funkturm. Als sie von Til Schweiger nach oben gerufen wird, um die "Lola" für die beste weibliche Hauptrolle als steinalte Klavierlehrerin im Gefängnisdrama "Vier Minuten" entgegenzunehmen, kann sie es kaum glauben.
Zu diesem Zeitpunkt ist Bleibtreu schon seit einiger Zeit an Lungenkrebs erkrankt. Aber die Ehrung und der tosende Applaus, der nach der Bekanntgabe ausbricht, lässt sie dies für einen Moment vergessen. Sie strahlt vor Glück – und bedankt sich bei ihrem Sohn Moritz Bleibtreu, der die Tränen kaum zurückhalten kann. "Durch ihn habe ich erfahren, wie einmalig ein Mensch ist, und ich denke, wenn wir es schaffen, zu unserer Einmaligkeit durchzudringen, dann schaffen wir es auch, einmalige Filme zu machen."
Das Schauspiel-Gen
Das Schauspiel-Gen ist Monica Bleibtreu in die Wiege gelegt. 1944 wird sie als Spross einer österreichischen Theaterdynastie in Mödling geboren. Ihr Vater leitet ein winziges Theater mit 56 Plätzen, das immer an der finanziellen Katastrophe vorbeischrappt. Bleibtreu ist 14, als das Theater endgültig schließt. Sie muss die Schule verlassen und mit einem Job bei einer Wiener Lotterie Geld dazuverdienen. Bis sie 1960 endgültig genug hat und nach Hamburg geht.
Eigentlich will Bleibtreu Kinderärztin oder Erzieherin werden. In der Not und ohne Schulabschluss aber besinnt sie sich auf das Familientalent und nimmt Schauspielunterricht. Nach dem Besuch des Max-Reinhardt-Seminars in Wien bekommt sie mit 19 ihr erstes Engagement in Bonn. Danach spielt sie auf nahezu allen namhaften deutschen Bühnen. 1971 wird ihr Sohn Moritz geboren, den sie alleine großzieht. Auch er schafft den von ihr erhofften Ausbruch aus der Familientradition nicht. Als Moritz Bleibtreu in den 90er Jahren zum Shootingstar des deutschen Films avanciert, ist sie trotzdem stolz.
Von witzig bis weise
In den 90er Jahren verliert Bleibtreu auch ihr langjähriges Engagement am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Jetzt muss sie verstärkt Film- und Fernsehrollen annehmen. Der endgültige Durchbruch beim TV-Publikum gelingt ihr 2001 mit der Rolle der Katia Mann in Heinrich Breloers Mehrteiler "Die Manns". Danach beweist sie auch im Kino und im Fernsehen, dass sie von witzig bis weise und von gutmenschlich bis bärbeißig alles spielen kann.
2008 steht Bleibtreu für Fatih Akins Komödie "Soul Kittchen" gemeinsam mit ihrem Sohn Moritz vor der Kamera, im düsteren Film "Tannöd" (2009) überzeugt sie als geschundene Schwester des Mordopfers. Sie stirbt am 14. Mai 2009 in Hamburg, mitten in den Vorbereitungen zu einem Gastspiel in Berlin, an Krebs.
Stand: 14.05.2014
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. Mai 2014 ebenfalls an Monica Bleibtreu. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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