Stichtag

1. Februar 1987 - Gustav Knuth stirbt in Zürich

Wien, in den 1960er Jahren: "Ach, Herr Doktor Hofer, die Hunderln san so fett geworden, könnens mer net wos verschreibn?", fragt eine Dame mit zwei Dackeln den Schauspieler Gustav Knuth. Er verkörpert damals in der Fernsehserie "Alle meine Tiere" den Tierarzt - offenbar so überzeugend, dass er auf der Straße um medizinische Ratschläge gebeten wird. Mit dieser Rolle beginnt für den 61-Jährigen seine Fernsehkarriere. Dabei hätte sein Leben ursprünglich ganz anders verlaufen sollen.

Geboren wird Gustav Adolf Karl Friedrich Knuth am 7. Juli 1901 in Braunschweig. Sein Vater ist Eisenbahnschaffner und später Zugführer. Sein Sohn soll nach der Schule in seine Fußstapfen treten und Lokomotivführer werden. Doch daraus wird nichts: "Der Arzt bescheinigte mir leichte Farbenblindheit", erinnert sich Knuth später. Nun meldet der Vater ihn in der Eisenbahnwerkstatt als Schlosserlehrling an. Dabei schlägt Gustavs Herz damals längst für die Bühne: Seine Schwester hat ihn als 13-Jährigen zu einer Opernaufführung mitgenommen. Seither lässt ihn das Theater nicht mehr los.

Karriere in der Nazi-Zeit fortgesetzt

Neben seiner Lehre nimmt Gustav heimlich Schauspielunterricht. Als er die Chance bekommt, ein Engagement in Hildesheim anzutreten, weiht er seine Eltern ein. Seine Mutter reagiert verständnisvoll. Sein Vater bebt vor Zorn: "Wenn es dir einmal schlecht geht, komm ja nicht zu mir." Knuth kündigt seinen Lehrvertrag, geht mit 17 Jahren nach Hildesheim und sieht seinen Vater nie wieder. Seine weiteren Stationen sind: Harburg, Basel, Altona. Er spielt Komiker, jugendliche Helden und arbeitet sich zum Charakterdarsteller hoch. Auch in der Nazi-Zeit setzt er seine Karriere fort: Ab 1933 spielt er im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. 1937 verpflichtet ihn Theaterintendant Gustav Gründgens für das Preußische Staatstheater in Berlin. Dort bleibt Knuth acht Jahre lang - bis die deutschen Theater 1944 kriegsbedingt geschlossen werden.

Während des "Dritten Reichs" startet Knuth seine Filmkarriere. Sie beginnt 1935 mit "Der Ammenkönig". Unter anderem spielt er bis Kriegsende auch in Leinwanderfolgen wie "Große Freiheit Nr. 7" und "Unter den Brücken". Als Regisseur Veit Harlan ihn jedoch für eine Rolle im offen antisemitischen Propagandafilm "Jud Süß" engagieren will, sagt Knuth drei Mal ab. Auch als ein Kabarettist wegen "Verunglimpfung des Führers" zum Tod verurteilt wird, bezieht Knuth Stellung und schreibt ein Gnadengesuch für ihn. Knuth sorgt zudem dafür, dass sein Kollege Joachim Gottschalk, der sich aus Angst vor den Nazis zusammen mit seiner jüdischen Frau und seinem Sohn umgebracht hat, gemeinsam mit seiner Familie beerdigt wird - indem er der Friedhofsverwaltung Alkohol spendiert.

Umzug in die Schweiz

Nach dem Zweiten Weltkrieg geht Knuth in die Schweiz, lässt sich dort einbürgern und arbeitet als ständiges Mitglied am Schauspielhaus Zürich. Bei fast allen Uraufführungen der Stücke von Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt und Carl Zuckmayer ist er maßgeblich beteiligt. Parallel dazu spielt Knuth weiter mit in Filmen wie "Auf der Reeperbahn nachts um halb eins", "Die Ratten", "Sissi" und "Ich denke oft an Piroschka". Insgesamt wirkt Knuth fast 100 Filmen mit.

Ab den 1960er Jahren steht Knuth für Fernsehserien vor der Kamera. In Serien wie "Salto mortale" spielt er den verschmitzten Familienpatriarchen. Er wird als sympathische, bodenständige und vertrauenserweckende Figur eingesetzt. So ist er offenbar auch im Leben. Nach seinem Tod am 1. Februar 1987 in Zürich sagt sein Kollege Axel von Ambesser: "Er war genauso liebenswürdig und liebenswert, wie er in seinen Rollen sein wollte und konnte."

Stand: 01.02.2012

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