Kein Wölkchen ist zu sehen, als ein Donnerknall durch die kalifornische Wüste rollt. "Yeager (hatte) das Gefühl, geradewegs durch das Dach des Himmels zu schießen. (…) Er war der Herr des Himmels." So beschreibt Tom Wolfe in seinem Bestseller "The Right Stuff" den Moment, als Testpilot Chuck Yeager 1947 in einer Bell X-1 als erster Mensch die Schallmauer durchbricht.
In den 70er Jahren startet mit der Concorde das Überschallzeitalter in der zivilen Luftfahrt. Die legendäre, aber unrentable "Königin der Lüfte" landet zwar schon 2003 im Museum. Doch amerikanische Forscher und Ingenieure machen bei der Entwicklung von hyperschnellen Jets revolutionäre Fortschritte. Vor zehn Jahren erreicht der unbemannte NASA-Testjet X-43 A die Rekordgeschwindigkeit von über 7.000 Stundenkilometern – siebenmal schneller als der Schall.
Schubkraft durch verdichtete Luft
Von Hyperschall-Flügen träumt der Österreicher Eugen Sänger bereits seit den 1930er Jahren. Zu einer Zeit, als ein kontrolliertes Durchbrechen der Schallmauer noch als unmöglich gilt, entwirft Sänger für Hermann Görings Reichsluftfahrtministerium so genannte Staustrahltriebwerke, die Flüge bis Mach 10, also mit zehnfacher Schallgeschwindigkeit ermöglichen sollen. Wegen "mangelnder Kooperation" wird er 1942 entlassen. An seiner Stelle treibt Wernher von Braun – später Vater des US-Mondlandeprogramms - die Nazi-Raketenforschung voran und baut die "Vergeltungswaffe" V2.
Auf der Basis von Eugen Sängers Staustrahltechnik konstruieren die US Air Force und die NASA in jahrzehntelanger Forschung das Scramjet-Triebwerk - mit einem genial simplen Funktionsprinzip: Im Gegensatz zu herkömmlichen Strahltriebwerken bewegt sich im Scramjet nichts außer durchströmender Luft. Sie wird durch einen sich verengenden Kanal so sehr verdichtet, dass sich der darin enthaltene Sauerstoff bei Einspritzung von Wasserstoff entzündet. So entsteht eine Schubkraft, die sonst nur Raketen mit riesigen Sauerstoff-Tanks erreichen.
Doppelte Starthilfe für die X-43 A
Der Nachteil des Scramjets: Die durchströmende Luft erreicht erst bei mindestens doppelter Schallgeschwindigkeit die erforderliche Verdichtung. Um die X-43 A auf diese Startgeschwindigkeit zu bringen, braucht der mit nur dreieinhalb Meter Länge noch verschwindend kleine Testjet für seinen Rekordflug am 27. März 2004 gleich doppelte Starthilfe. Der 1.200 Kilogramm schwere Flugkörper sitzt an der Spitze einer modifizierten Pegasus-Rakete, die unter die Tragfläche eines B-52-Bombers montiert ist. 12.000 Meter über der kalifornischen Küste trennt sich die Rakete von dem Trägerbomber und schießt auf 30 Kilometer Höhe. Dort erst zündet die X-43 A, klinkt von der Raketenspitze aus und beschleunigt mit dem Scramjet-Triebwerk auf 7.700 Stundenkilometer.
Das Experiment dauert nur elf Sekunden, denn im Triebwerk entstehen Temperaturen von mehreren tausend Grad Celsius, denen das verfügbare Material nicht lange standhält. Nur acht Monate nach dem erfolgreichen Start gelingt es der NASA, die X-43 A schon auf Mach 9,6 zu beschleunigen, fast drei Kilometer pro Sekunde. Es wird aber noch Jahrzehnte dauern, um das angestrebte Ziel eines bemannten Flugs mit 15-facher Schallgeschwindigkeit zu erreichen. Ein Jet könnte dann in zwei Stunden die Erde umrunden. Doch wie meist in der Luft- und Raumfahrt wird auch im Hyperschall nicht die zivile Nutzung an erster Stelle stehen.
Stand: 27.03.2014
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