Stichtag

10. Februar 1964 - Eugen Sänger stirbt in Berlin

"Meine Berührung mit der Raumfahrt hat das erste Mal an der Realschule stattgefunden", erinnert sich Eugen Sänger. Sein Physiklehrer habe ihm zu Weihnachten den Roman "Auf zwei Planeten" von Curd Laßwitz geschenkt. "Damals mag ich so 16 Jahre gewesen sein", sagt der am 22. September 1905 in Böhmen geborene Österreicher. Ab da träumt er davon, die Erde mit einem Raumschiff zu verlassen, um zu anderen Planeten zu reisen. Sänger studiert Bauingenieurwesen und Flugwissenschaften.

1930 promoviert er über statische Probleme im Flugzeugbau. Anschließend testet er seinen neuartigen Raketenmotor, lernt fliegen und schreibt ein Buch über "Raketenflugtechnik". Er erhält zwar Anerkennung in Fachkreisen, aber keinen Job in der Flugzeugindustrie. "Ich bin an Geist und Körper verrostet während der letzten neun Jahre in Wien, aber die alte Sehnsucht ist geblieben", notiert er Ende Januar 1935 in seinem Tagebuch.

"Antipodengleiter" soll USA bombardieren

Die Karrierenchance kommt erst mit Adolf Hitlers Aufrüstung. Hermann Görings Luftwaffe will das Raketenmonopol des Heeres unterlaufen und plant 1936 ein geheimes Raketenforschungsprojekt: Sänger erhält den Auftrag ein Testgelände in der Lüneburger Heide aufzubauen, das unverfänglich "Flugzeugprüfstelle Trauen" heißt. Er konzipiert einen Interkontinentalbomber mit Raketenantrieb, der oberhalb der Atmosphäre den Atlantik überqueren und die USA angreifen soll.

Doch aus dem sogenannten Antipodengleiter wird nichts. Den Durchbruch schafft ein anderer Raketenpionier: Im Auftrag des Heeres baut Wernher von Braun seine "V2"-Raketen, die 1944 in London einschlagen. Sänger ist bereits zwei Jahre zuvor strafversetzt worden - zur "Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug", wo er weiter tüftelt. Er hatte sich mit seinen Auftraggebern über die Publikation seiner Ergebnisse gestritten und ohne offiziellen Auftrag Triebwerke getestet, die Fluggeräte auf vielfache Schallgeschwindigkeit bringen sollten.

Nahtlose Nachkriegskarriere

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg geht Sängers Karriere weiter. Die Franzosen engagieren den Raketenexperten wiederum zur Waffenentwicklung, die Amerikaner hatten sich vorher schon Wernher von Braun geschnappt. Neben seinen Forschungen propagiert Sänger die Raumfahrt, wird Präsident der Internationalen Astronautischen Föderation und spekuliert über sogenannte Photonen-Triebwerke mit Lichtgeschwindigkeit.

Mitte der 1950er Jahre kehrt Sänger nach Deutschland zurück. Er hat den Auftrag hat, in Stuttgart das "Institut für Physik der Strahlantriebe" aufzubauen. Wieder handelt es sich um eine Tarnbezeichnung, denn die Entwicklung von Waffen und Raketen hatten die Alliierten untersagt. Sänger übernimmt weitere Militäraufträge. So wird er 1960 Berater für Ägyptens Raketenprogramm. Nachdem die Israelis in Bonn dagegen intervenieren, verlässt Sänger Ende 1961 das Institut in Stuttgart. Zwei Jahre später wird er auf den neu geschaffenen Lehrstuhl "Elemente der Raumfahrttechnik" an der TU Berlin berufen. Doch kurz darauf beendet ein Herzinfarkt das Leben von Eugen Sänger. Er stirbt am 10. Februar 1964 in Berlin.

Stand: 10.02.2014

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