Stichtag

17. Februar 1989: Gründung der Maghreb-Union

Algerien, Marokko, Libyen, Tunesien und Mauretanien sind arabische Länder am Westrand der islamischen Welt. Von daher ist es naheliegend, ihre Union "Maghreb" ("Westen") zu nennen. Dass es überhaupt zu einer Union kommen soll, ist hingegen alles andere als selbstverständlich. "Die Vereinigung ist ein Ideal, nach dem man strebt", gibt sich Tunesiens Präsident Habib Bourguiba im Mai 1966 betont realistisch. "Wir wissen, dass es Hindernisse gibt."

Ein Hindernis ist sicher, dass nicht jeder Politiker der fünf Länder, die teils erst kurz zuvor ihre Unabhängigkeit erstritten haben, wieder ein verpflichtendes Wirtschaftsbündnis eingehen will. "Das muss man respektieren", sagt Bourguiba. "Das ist ein bisschen wie in Europa. Daher versuchen wir, nichts zu überstürzen."

Jobs für Bürokraten

Überstürzt wird tatsächlich nichts. Immerhin dauert es noch über 20 Jahre, bis die Union besiegelt wird. Am 17. Februar 1989 wird die Arabische Maghreb von Algerien, Marokko, Libyen, Tunesien und Mauretanien in Marrakesch gegründet. Ihr Ziel ist die industrielle, landwirtschaftliche, kommerzielle und soziale Zusammenarbeit, um die Länder weiter zu entwickeln. Zudem stehen ein Ausbau des Bildungswesens sowie die "Erhaltung der geistigen und moralischen Werte des Islam" auf der Agenda.

In der Folge beruft die Arabische Maghreb Ausschüsse und Kommissionen. Und sie veranstaltet mehrere Gipfeltreffen. Neben einem Bürokratenapparat aber wird nicht viel erreicht. Das hat vor allem mit der Auseinandersetzung um die Westsahara zu tun, die Marokko an seiner Südgrenze besetzt hält. Dem gegenüber steht Algerien auf der Seite der Freiheitsbewegung Polisario. Statt Verhandlungen rüsten beide Staaten gegeneinander auf. Der ganzen Union sind die Hände gebunden.

Kein Solarstrom nach Europa

1990 zeigt sich die Zerstrittenheit der Verbündeten nicht zuletzt im Golfkrieg: Marokko schickt Truppen für die USA ins Feld, während Libyen unter Muammar al-Gaddafi auf der Seite Saddam Husseins steht. Da ist die Arabische Maghreb faktisch längst am Ende. Erst 2008 werden wieder Verhandlungen aufgenommen, als es darum geht, Solarstrom nach Europa zu liefern. Aber auch hier kommt es zu keiner Einigung.

Im Rahmen des "Arabischen Frühlings" treffen die Verbündeten 2012 nach über 20 Jahren Funkstille wieder zusammen. "Wir sind uns darüber einig, die Union zu reformieren, das heißt: sie zu erneuern,", formuliert damals Marokkos Außenminister Saadeddine Othmani. "Arbeits- und Entscheidungsprozesse" sollen auf den Prüfstand kommen. Doch die Demokratisierungsprozesse nehmen in jedem Unionsland eine jeweils unterschiedliche Form an. Algerien, Marokko, Lybien, Tunesien und Mauretanien haben zur Einigkeit zu viel mit sich selbst zu tun.

Stand: 17.02.2014

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.