Stichtag

03. Juli 2007 - Vor 45 Jahren: Frankreich erkennt Algeriens Unabhängigkeit an

"Algerien ist Frankreich", sagt der französische Außenminister Francois Mitterrand  1954 kurz nach Beginn des algerischen Befreiungskrieges. "Frankreich wird auf seinem Territorium keine andere Autorität dulden als die eigene." Doch die Algerier kämpfen weiter - trotz Massaker und systematischer Folter der Kolonialherren. Die Franzosen sind militärisch überlegen, können sich aber nicht durchsetzen. Nach mehr als sieben Jahren schließen Frankreich und das Nationale Befreiungskomitee (FLN ) im März 1962 in Evian ein Waffenstillstandsabkommen. Bei einer Volksabstimmung spricht sich die große Mehrheit der Algerier für die vollständige Loslösung von Frankreich aus. Zwei Tage später erklärt der französische Staatspräsident General Charles de Gaulle  am 3. Juli 1962, "dass Frankreich die Unabhängigkeit feierlich anerkennt."

Die Stimmung in der Befreiungsbewegung ist allerdings nicht euphorisch. Verschiedene Gruppierungen hatten sich schon während des Unabhängigkeitskrieges bekämpft. Nun eskaliert der interne Kampf um die Macht. Wiederholt kommt es auch zu blutigen Racheakten an Algerienfranzosen und Kollaborateuren. Die provisorische Regierung, die aus dem tunesischen Exil eingeflogen wird, kann sich nicht lange halten. Mit dem Staatsstreich von Oberst Houari Boumediene kann sich eine Gruppierung der FLN durchsetzen. Kopf der neuen Regierung wird Ahmed Ben Bella, ein Befreiungskämpfer der ersten Stunde. Er installiert eine sozialistische Planwirtschaft.

1965 setzt sich Boumediene selbst an die Spitze eines allmächtigen Revolutionsrates. Erst Ende 1988 brechen auf Druck der Jugend die autoritären Strukturen auf. Anstelle des korrupten Einparteien-Regimes wird ein Mehrparteien-System aufgebaut. Dadurch erhalten radikale Islamisten die Möglichkeit, ihren Einfluss auszudehnen. Als ihr absehbarer Wahlsieg 1992 vom Militär mit einem Putsch verhindert wird, kommt es zu einem jahrelangen Bürgerkrieg. Auch in Frankreich hat der Algerienkrieg Langzeitwirkungen: Zum einen bezeichnen Rechtsradikale die Einwanderer aus Algerien als Eindringlinge. Zum anderen fordern Veteranen ihre Anerkennung als Kriegsteilnehmer, um ihre Rente aufzubessern. Das ist jedoch erst möglich, nachdem die französische Nationalversammlung 1999 den Algerienkrieg überhaupt als Krieg definiert hat.

Stand: 03.07.07