Stichtag

9. Januar 1959 - Tod des Rundfunk-Mitbegründers Hans Bredow

"Was sagen Sie zur Reichstagsauflösung?" So lauten die ersten Worte, die der deutsche Funkpionier Georg Graf von Arco 1906 drahtlos in den Äther schickt. Auf Anweisung von Kaiser Wilhelm II. soll der Physiker gemeinsam mit dem Elektroingenieur Hans Bredow die vom Italiener Guglielmo Marconi erfundene Funk-Technik erforschen und international wettbewerbsfähig machen. Doch der 27-jährige Bredow ahnt, "dass hier etwas ganz Großes im Entstehen begriffen ist". Etwas, das als völlig neues Medium weit über die bislang vorstellbare Nutzung der Funktechnik hinausgehen könnte.

Trotz der erfolgreichen ersten Wortübertragung per Funk stößt Bredow mit seiner utopisch klingenden Vision eines Massenmediums bei Politik, Militär und Industrie auf totale Ablehnung. Funk wird ausschließlich als hoheitliche Domäne des Staates gesehen. "Die Leute hatten alle ein Brett vor dem Kopf", erklärt Wolfgang Bauernfeind, Hörfunkjournalist beim ARD-Sender RBB und ein Kenner der Radio-Historie. "Die dachten, der Mann spinnt." Doch Bredow lässt sich von der Ignoranz seiner Zeitgenossen nicht entmutigen. Als "Vater des deutschen Rundfunks" wird er Geschichte schreiben.

Radio-Unterhaltung im Schützengraben

Bereits als Jugendlicher hat der 1879 geborene Beamtensohn die aufregende neue Welt der Funkwellen entdeckt. Mit 17 Jahren verlässt Hans Bredow das Gymnasium in Rendsburg und beginnt eine Ausbildung zum Elektrotechniker. 1904 tritt er als Ingenieur bei der AEG in Berlin ein und steigt vier Jahre später mit Graf Arco zum technischen Direktor der AEG-Tochter Telefunken auf. Während Arco die Funktechnik physikalisch weiterentwickelt, arbeitet Bredow am Aufbau eines Weltfunknetzes - in der Theorie und in der Praxis. In Nauen westlich von Berlin richtet er eine Großfunkstation ein und ist auf internationaler Ebene entscheidend am Zustandekommen des Seefunks beteiligt.

Selbst im Ersten Weltkrieg verfolgt Bredow seine Vision eines "Radios für jedermann". Der Soldat einer Telegrafeneinheit an der Westfront organisiert ein Unterhaltungsprogramm, das in den Schützengräben über dienstliche Funkempfänger zu hören ist. Nach dem Krieg verfolgt Bredow als Staatssekretär im Postministerium beharrlich weiter seinen Traum. Er übernimmt die frühere Militärfunkzentrale Königs Wusterhausen, errichtet ein landesweites Netz von Funkmasten mit Sendeanstalten und legt so das Fundament des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Am 29. Oktober 1923 sendet die von Bredow initiierte "Funkstunde" aus dem Berliner Vox-Haus das erste Radio-Programm Deutschlands.

Nazi-Schauprozess gegen Bredow

In Anerkennung seiner Verdienste wird Hans Bredow 1926 zum Reichsrundfunkkommissar ernannt. Als überzeugter Demokrat tritt der Radiopionier am 30. Januar 1933, dem Tag von Adolf Hitlers Machtergreifung, von seinem Amt zurück. NS-Propagandaminister Joseph Goebbels verkündet nun: "Ich mache gar keinen Hehl daraus: Der Rundfunk gehört uns. Und niemandem sonst." Als Bredow gegen die Verhaftung früherer Mitarbeiter protestiert, inszeniert Goebbels einen Schauprozess gegen ihn. Wegen angeblicher Unterschlagungen wird Bredow zu 15 Monaten Haft und einer Geldstrafe verurteilt. 1938 erreicht er die Einstellung des Verfahrens und zieht sich ins Privatleben nach Wiesbaden zurück.

Nach der deutschen Kapitulation setzten die Amerikaner Bredow 1945 als Regierungspräsidenten in Wiesbaden ein. Der Radio-Pionier ist am Entwurf der Grundlagen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beteiligt und wird 1949 Verwaltungsratschef des neuen Hessischen Rundfunks. Neben mehreren Aufsichtsratsposten in Industrieunternehmen widmet sich Bredow bis zu seinem Tod dem Aufbau eines Radio-Archivs, das zum Grundstock des Deutschen Rundfunkarchivs in Frankfurt wird. Vielfach ausgezeichnet stirbt der Rundfunk-Mann der ersten Stunde am 9. Januar 1959 in Wiesbaden.

Stand: 09.01.2014

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