Der Kopf der "Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft" (AEG) Emil Rathenau hat eine Vision. Ende des 19. Jahrhunderts will er Deutschland elektrifizieren. Strom soll in alle Haushalte fließen, überall sollen elektrische Geräte die Arbeit erleichtern. Dabei setzt Rathenau auf Wechselstrom, weil dies beim Transport gegenüber Gleichstrom weniger Verluste erleidet. Seine Konkurrenten Werner von Siemens und Thomas Alva Edison sehen das als Unsinn an.
1891 schickt Rathenau Hochspannungswechselstrom von Neckar nach Frankfurt am Main. Die Fachwelt kann nur staunen. "Was heute auf 175 Kilometern und mit 16.000 Volt Spannung gelingt", prophezeit der Unternehmer, "wird gewiss in wenigen Jahren mit 100.000 Volt auf weit riesigere Entfernungen ein Leichtes sein."
Erleuchtung durch die Glühlampe
Rathenau wird 1838 in Berlin geboren. Nach einem Maschinenbaustudium gründet er 1865 eine Maschinenfabrik. 1881 ist er dabei, als Edison auf der Internationalen Elektrizitäts-Ausstellung in Paris seine elektrische Glühlampe vorstellt. Sofort begreift er, welche Chancen zur Energiegewinnung in der Erfindung liegen. Daraufhin wird die Devise "Elektrizität für alle" sein Lebensmotto.
Um seinen Plan zu verwirklichen, erwirbt Rathenau von Edison zahlreiche Lizenzen, darunter auch die des Glühlichts. 1883 gründet er die "Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektrizität", um mit ihr zentrale Elektrizitätsstationen zu errichten. Am 23. Mai 1887 geht daraus die AEG hervor: Sie gründet und finanziert Elektrizitätsversorgungs-Unternehmen wie Stadtwerke, um diese gegebenenfalls später zu verkaufen.
Alles aus einem Guss
Gleichzeitig versucht die AEG, Verbraucher durch Straßenbeleuchtungen, elektrische Straßenbahnen und Elektrogeräte an sich zu binden. 1903 gründet Rathenau als Tochter der AEG gemeinsam mit "Siemens & Halske" die Firma "Telefunken", ein Unternehmen für den Bereich der Nachrichtenübermittlung. Vier Jahre später wird der Architekt und Designer Peter Behrens zum künsterlischen Berater.
In der Folge entwickelt Behrens das komplette Erscheinungsbild der AEG. Mit seinen grafischen Plakatentwürfen prägt er das moderne Image des Unternehmens; seine Produktgestaltungen gelten heute als Klassiker des Industriedesigns.
Der gute Name gegen Geld
1912 erkrankt Rathenau so schwer, dass er sich aus der Firmenleitung zurückziehen muss. Drei Jahre später stirbt der Kopf der AEG. Beide Weltkriege übersteht das Unternehmen noch dank lukrativer Rüstungsaufträge. Nach 1945 starten die AEG-Manager den Versuch, Siemens zu übertrumpfen. Aufsichtsräte und Banken machen mit.
1958 führt die AEG "Aus Erfahrung gut" als überaus erfolgreichen Werbeslogan für Haushaltsgeräte ein. Langfristig aber scheitert der Plan der Marktdominanz. 1996 wird die AEG aufgelöst. Nur der Name überlebt als lizensierte Marke.
Stand: 23.05.2012
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