Im ersten Versuch ist der Wettbewerb entschieden: "Das ist unglaublich. ... Bob Beamon aus den USA. 8,90 Meter, welch' eine Weite! Das ist ja ungeheuerlich!", ruft der deutsche Sportreporter Kurt Brumme am 18. Oktober 1968 ins Mikrofon. Bei den Olympischen Spielen in Mexiko verbessert Bob Beamon den bestehenden Weltrekord im Weitsprung um ganze 55 Zentimeter. Angesichts dieser nie gesehenen Weite müssen die Kampfrichter sogar ein zusätzliches Maßband organisieren. Eine Steigerung in diesem Ausmaß ist zuvor niemals gelungen. Der Nächstplatzierte, Klaus Beer aus der DDR, erringt die Silbermedaille mit 8,19 Metern, also 71 Zentimetern weniger.
Aufgestellt wird der neue Rekord ausgerechnet von dem Mann, der in der Qualifikation fast gescheitert wäre. Ein Teamkollege hatte Beamon daraufhin geraten: Vergiss die ersten beiden ungültigen Versuche. Nimm deine Anlaufmarkierung um drei Fuß zurück. Und Bob Beamon qualifiziert sich mit 8,37 Meter für das Finale. Trotz starker Konkurrenz glaubt er fest daran, Gold nach Hause zu bringen.
"Es tat mir gut zu hören, dass ich Talent habe"
22 Jahre zuvor wurde Bob Beamon im New Yorker Armenviertel Queens geboren. Seine Mutter stirbt, als er acht Jahre alt ist. Seine Großmutter zieht ihn auf und schützt ihn vor dem gewalttätigen Vater. "Für mich war es phänomenal, aus diesem Getto herauszukommen. Gangs waren dort sehr präsent, und ich gehörte einer der größten an. Es sah lange Zeit nicht so aus, als würde ich das Viertel jemals verlassen", sagt er in einem Interview.
Doch Bob Beamon ist ehrgeizig, schafft den Sprung an die Junior High School. Dort trifft er auf Lehrer und Trainer, die ihn fördern. "Es tat mir gut zu hören, dass ich Talent habe – im Basketball und in der Leichtathletik zum Beispiel." Beamon erforscht, was in ihm steckt. Und verbessert sich schnell im Weitsprung: den rasanten Anlauf, den explosiven Abdruck und die richtige Technik in der Luft. Doch zum Weltrekord von 8,90 Meter kommen in Mexiko drei weitere Faktoren: ein Rückenwind knapp an der Grenze des Erlaubten, eine elastisch-federnde Laufbahn und seine mentale Stärke. "Ich war extrem ruhig und voller Zuversicht, dass ich die Nummer eins sein würde", erinnert er sich.
An seine Weltrekordleistung kann Beamon nie mehr anknüpfen. Nach den Sommerspielen von Mexiko wechselt Beamon zum Basketball, scheitert 1972 mit einem Comeback in der Leichtathletik, wird Trainer, dann Sozialarbeiter. Schließlich gründet er eine Stiftung für benachteiligte Kinder.
Beamons Rekord hält fast 23 Jahre
Es gibt Sportarten, bei denen fast jedes Jahr ein neuer Rekord aufgestellt wird. Im Weitsprung ist das seit Bob Beamons Sprung anders. Sein Rekord hält 22 Jahre und 316 Tage - bis zu einem Zweikampf, der 1991 als "Taifun von Tokio" in die Sportgeschichte eingeht.
Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 1991 fliegt der US-Ausnahme-Athlet Carl Lewis viermal über 8,80 Meter und schafft schließlich 8,91 Meter. Doch der Rückenwind ist zu stark für einen offiziellen Rekord. Als Widersacher Mike Powell anläuft, lässt der Wind nach. Seine 8,95 Meter gelten, er tilgt Beamons Weltrekord. Die 8,90 Meter bleiben jedoch bis heute olympischer Rekord – bei Olympischen Spielen sprang nie jemand weiter als Beamon.
Stand: 18.10.2013
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