Theodor W. Adorno

Stichtag

11. September 1903: Geburtstag von Theodor W. Adorno

Theodor W. Adorno ist ein Komponist. Das gilt nicht nur für die Musikstücke, die er verfasst, sondern auch für seine philosophischen Texte und seine Vorlesungen als Professor in Frankfurt am Main: Sie sollen vor allem auch ästhetischen Kriterien genügen.

Es sei eine "Philosophie im freien Reden" gewesen, die eine ganze Generation von Studenten in den 60er Jahren in den Bann geschlagen habe, wird sich der damalige Student Stefan Müller-Dohm später erinnern. "Adorno ist aufgetreten wie ein Virtuose, als würde er eine Art Kunstwerk vortragen." Jede Vorlesung habe er "verstanden als ein Musikstück, das er komponiert hat und das nun vorträgt".

Entsprechend komplex sind die Gedanken, die Adorno seinen Studenten zumutet. "Ich habe Semester gebraucht, um das, was er vorgetragen hat, zu verstehen" sagt Müller-Dohm.

Die dunkle Seite der Vernunft

Geboren wird Adorno am 11. September 1903 als Theodor Ludwig Wiesengrund in Frankfurt am Main. Von der Mutter, geborene Adorno, erbt er die Musikalität, vom Vater, einem Wein-Großhändler mit jüdischen Wurzeln, seine Leidenschaft für sinnliche Genüsse.

Während des Zweiten Weltkriegs emigriert Adorno in die USA. Hier schreibt er gemeinsam mit seinem Freund, dem Soziologen Max Horkheimer, eines seiner bedeutendsten und einflussreichsten Bücher: Die Essaysammlung "Dialektik der Aufklärung" (1947), die in einer geschliffenen Sprache auf höchstem Reflexionsniveau einen direkten Bogen vom Vernunftbegriff des 18. Jahrhunderts zu den Gräueln des Faschismus spannt, um die Rationalitätshörigkeit der Moderne zu entzaubern. Sie avanciert im restaurativen Klima der Bundesrepublik unter Intellektuellen zum Kultbuch.

Hauptvertreter der "Frankfurter Schule".

1949 kehrt der heimatverbundene Adorno über Paris nach Deutschland zurück. In Frankfurt am Main erhält er als Opfer des Nationalsozialismus einen so genannten Wiedergutmachungs-Lehrstuhl, der 1957 in eine ordentliche Professur für Soziologie und Philosophie umgewandelt wird. Da ist mit der Essaysammlung "Minima Moralia" (1951) schon längst das berühmteste Buch Adornos erschienen. Der Versuch, der "Entfremdung des Individuums noch in den feinsten Verästelungen des Alltagslebens" nachzuspüren, ist bis heute ein Bestseller.

Mit seiner "kritischen Theorie", die versucht, die Mechanismen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft zu entlarven, wird mit Max Horkheimer und Jürgen Habermas zu einem Hauptvertreter der "Frankfurter Schule". Vor allem in der 68er-Generation, die gegen das durch Ressentiments geprägte Denken der Väter aufbegehrt, wird Adorno mit Sätzen wie "Es gibt kein richtiges Leben im falschen", aber auch mit einer ausgeprägt kindlichen Ader – der leidenschaftliche Zoobesucher ist begeisterter Sammer von Plüsch- und Holztieren – zu einer Leitfigur.

Erst als die Studentenbewegung ins radikale umschlägt, wird aus der Bewunderung blanke Verachtung. Kurz vor seinem Tod etwa entblößen einige Frauen in einem so genannten Busenattentat während seiner Vorlesung ihre Brüste. Theodor W. Adorno stirbt 1969 im schweizerischen Visp.

Stand: 11.09.2013

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