Willi Daume ist nicht nur Sportfunktionär. Er ist auch Literaturfreund. Wenn er sich nicht in die Sportpolitik einmischt, findet er unter anderem Ablenkung bei seinem Engagement für die Erich-Kästner-Stiftung.
Von Kästner entlehnt Daume auch sein Lebensmotto: "Resignation ist kein Gesichtspunkt". Danach wird er sich Zeit seines Lebens richten. Denn bei allem, was Daume an Verdiensten für den Sport erwirbt, es gibt immer wieder auch Tiefpunkte seiner Karriere, die alles Erreichte infrage stellen.
Handball und SS-Geheimdienst
Geboren wird Daume am 24. Mai 1913 im rheinischen Hückeswagen. Schon sein Taufpate ist Vorsitzender der Deutschen Turnerschaft. 1936 nimmt er als Sportler an den Olympischen Spielen in Berlin teil. Als Handballer ausgebildet, muss er in Ermangelung anderer Athleten allerdings als Basketballspieler antreten, weshalb ihm kein Erfolg beschieden ist.
1937 wird Daume Mitglied der NSDAP. Ein Jahr später übernimmt er nach dem Tod seines Vaters dessen Eisengießerei im Dortmunder Hafen. Dem Einsatz im Zweiten Weltkrieg entgeht er unter anderem deshalb, weil er als Informant für den Sicherheitsdienst des Reichsführers (SD) nach eigener Aussage "völlig blödsinnige Berichte" verfasst. Nach der Kapitulation Deutschlands macht er schnell als Sportfunktionär Karriere: 1949 wird er Präsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB), von 1950 bis 1970 steht er dem Deutschen Sportbund (DSB) vor.
Olympia nach Deutschland holen
Zu dieser Zeit ist Daume bereits glühender Anhänger des olympischen Gedankens; bereits 1956 wird er in das Internationale Olympische Komitee (IOC) berufen. Von 1961 bis 1992 ist er auch Präsident des deutschen Nationalen Olympischen Komitees (NOK). In dieser Funktion holt er für 1972 die Olympischen Spiele nach München.
Aus dem von ihm bei der Eröffnung so bezeichneten "Fest der Hoffnung" aber wird ein Fest des Schreckens, als palästinensische Terroristen neun israelische Sportler als Geiseln nehmen und die dilettantisch ausgeführte Befreiungsaktion in einem Blutbad endet. Daume ist am Boden zerstört und will die Spiele abbrechen, lässt sich dann aber von einem Fortgang überzeugen. "Es ist so viel gemordet worden", wird er im Nachhinein sagen. "Man sollte den Terroristen nicht auch noch erlauben, die Spiele zu ermorden".
Wohnung im Olympischen Dorf
1980 setzt sich Daume ebenso vehement wie erfolglos für eine Teilnahme Deutschlands an den Olympischen Spielen in Moskau ein. Schließlich muss er sich dem von US-Präsident Jimmy Carter verordneten Boykott des Westens anschließen. Dadurch schwinden Daumes Chancen auf eine IOC-Präsidentschaft. Sein Einfluss reicht aber noch, um 1981 den Amateurparagrafen abzuschaffen und auch Profis bei den Olympischen Spiele zuzulassen.
Seine letzten Jahre verbringt Daume in der Abgeschiedenheit seiner Wohnung im Olympischen Dorf in München. Er stirbt 1996 im Alter von 83 Jahren und wird in Dortmund beigesetzt.
Stand: 24.05.2013
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