Kein Papst hat mehr Menschen in den Stand der Heiligkeit befördert als Johannes Paul II. Kirchenhistorisch von besonderer Bedeutung ist die Nr. 462 auf seiner langen Liste mit 482 Namen. Denn mit Juan Diego spricht Johannes Paul II. 2002 in Mexiko den ersten Angehörigen der indigenen Bevölkerung Amerikas heilig. Millionen Menschen feiern das Ereignis auf den Straßen rund um die Basilika von Tepeyac bei Mexiko-City.
Noch vor Lourdes und Fatima ist Villa da Guadalupe am Berg Tepeyac der größte Marienwallfahrtsort der katholischen Kirche. 20 Millionen Pilger strömen jährlich in den Vorort von Mexiko-City, um die Gnade "Unserer Lieben Frau von Guadalupe", der Schutzpatronin Mexikos, zu erbitten. Im Dezember 1531, zehn Jahre nach der Zerstörung der Azteken-Hauptstadt Tenochtitlan durch Hernan Cortes, soll dort dem Indio Juan Diego vier Mal die Jungfrau Maria erschienen sein.
Ein Wunder muss geschehen
Damals liegt das einst mächtige Reich der Azteken in Trümmern. Nur etwa jeder Zehnte überlebt die grausamen Feldzüge und Seuchen, mit denen die spanischen Eroberer das Land überziehen. Unter ihnen ist Cuauhtlatoatzin, der sich von den katholischen Missionaren taufen lässt und fortan Juan Diego heißt. Die meisten Indios aber widersetzen sich einer Bekehrung und halten an ihren Göttern und Ritualen fest. Die noch wenigen spanischen Franziskanermönche brauchen ein Wunder, damit ihr Missionierungswerk in dem riesigen Land vorankommt. Juan Diego verhilft ihnen dazu.
Der Legende nach spricht die Heilige Jungfrau am 9. Dezember 1531 zum ersten Mal am Tepeyac zu Juan Diego. Dunkle Haut wie er selbst soll sie gehabt und ihn zu ihrem Botschafter erwählt haben. Sie trägt Juan auf, den Bischof zu veranlassen, ihr zu Ehren an dieser Stelle ein Heiligtum zu errichten. Der Ort ist von Bedeutung, denn dort stand bis zur Zerstörung durch die Spanier der Tempel der aztekischen Göttin Tonantzin, der Mutter der Götter. Schon bald wird die Verehrung, die sie im Volk genießt, mit dem Kult um die spanische "Heilige Jungfrau von Guadalupe" verschmelzen.
Historische Existenz zweifelhaft
Zunächst aber soll der Bischof Juan Diegos heiligem Auftrag misstraut und Beweise verlangt haben. So schickt Maria ihren irdischen Botschafter auf den Gipfel des Tepeyac. Dort findet Juan wunderbarerweise mitten im Dezember blühende Rosen, die er dem Bischof bringt. "Erwarte Wunder und du wirst sie finden", lässt Maria durch Juan verkünden. Die heilige Botschaft verhallt nicht unerhört. Eine Kapelle wird gebaut und schon bald strömen regelmäßig Tausende, Indios wie Spanier, zu "Unserer Lieben Frau von Guadalupe" am Tepeyac.
An Stelle der kleinen Marienkapelle wird später die große Basilika errichtet. Einer ihrer heiligsten Schätze ist ein alter Umhang aus Agavefasern, einst angeblich von Juan Diego bei seinen Erscheinungen getragen. Das Bild Marias soll sich darin eingeprägt haben. Historiker bezweifeln allerdings, dass Juan Diego, laut Überlieferung gestorben am 30. Mai 1548, je gelebt hat. Als 1981 der Erzbischof von Mexiko-City Juans Heiligsprechung beantragt, will sogar der Abt der Basilika, Guillermo Schulenburg, davon nichts wissen. Juan Diego sei ein Symbol, keine Realität, lässt er den Heiligen Vater wissen.
Stand: 30.05.2013
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