Schon als Kind zieht Arne Jacobsen mit Aquarellblock und Farbkasten nach draußen und betreibt botanische Studien. Seine Liebe zur Natur wird die Grundlage für seine späteren Designklassiker, die mit ihren gerundeten Formen an Pflanzen und Tiere erinnern sollen und auch entsprechende Namen tragen: darunter der "Ameisenstuhl" oder die den Körper umhüllenden Sessel "Ei" und "Schwan".
Architektonisch indes orientiert sich Jacobsen an der Streichholzschachtel als immer wiederkehrende, unnatürliche Grundform beim Entwurf: Liegend eine Schule, auf der Seite stehend ein Rathaus, hochkant ein Wolkenkratzer.
Meerblick für alle
Geboren wird Jacobsen am 11. Februar 1902 in Kopenhagen. Eigentlich will er Künstler werden, studiert aber auf Wunsch des Vaters nach einer Lehre als Steinmetz bis 1927 Architektur an der Königlichen Dänischen Kunstakademie. Hier wird er maßgeblich von der Formstrenge des Bauhaus, namentlich von Mies van der Rohe und Le Corbusier, beeinflusst: Deren Grundsatz, dass die Form der Funktion zu folgen habe, eignet er sich an.
1929 gewinnt Jacobsen den Architekturpreis für ein "Haus der Zukunft". Der Entwurf – ein Rundbau mit Garage und Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach – ist für eine Verwirklichung allerdings zu futuristisch. Fünf Jahre später baut Jacobsen die Bellavista-Wohnanlage in Klampenborg nahe der Meerenge Öresund: Die versetzten Balkone der dreigeschossigen weißen Anlage sind so konzipiert, dass jede Wohnung gleich viel Licht und Meerblick hat.
Hang zum Gesamtkunstwerk
Während des Zweiten Weltkriegs flüchtet der Jude Jacobsen vor den Nationalsozialisten nach Schweden, wo er bis Anfang der 50er Jahre bleibt. 1956 wird er Professor für Architektur an der Universität von Kopenhagen. Seine Leidenschaft allerdings gilt weiterhin der Gestaltung von Häusern und Gebrauchsdesign. Beim Entwurf des SAS-Hotels in seiner Heimatstadt – dem ersten Hochhaus in Kopenhagen überhaupt – sorgt er geschickt dafür, dass auch die von ihm eigens hierfür gezeichneten Möbel, Teppiche, Vorhänge, Stühle und Lampen übernommen werden. Bis heute gibt die unveränderte Suite 606 einen Eindruck von Jacobsens Konzeption des Gebäudes als Gesamtkunstwerk.
Als Architekt bleibt Jacobsen umstritten: Das SAS-Hotel mit seiner Fassade aus Glas und Stahl gilt vielen Kopenhagenern als hässlichstes Haus ihrer Stadt. Die Innenarchitektur indes birgt einige Designklassiker, die bis heute bewundert werden, darunter die Sessel "Schwan" und "Ei".
In den 60er Jahren entwirft Jacobsens noch weitere Gebrauchsgegenstände wie Badearmaturen, Aschenbecher und Lampen, deren weiche Formen Kontrapunkte setzen zu jener strengen Geometrie, mit der er unter anderem auch das Gebäude der heutigen Vattenfall Europe Hamburg AG (gebaut ab 1966) oder ein Gymnasium in Hamburg-Othmarschen (1972) konzipiert. Sein Besteck AJ findet sogar Eingang in Stanley Kubricks Sciencefictionfilm "2001 – Odyssee im Weltraum" von 1968. Arne Jacobsen stirbt 1971 in Kopenhagen.
Stand: 11.02.2012
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