Biosphäre 2

Stichtag

26. September 1991 - Beginn des Experiments "Biosphäre 2"

Mitten in der Wüste von Arizona ist Bernd Zabel ein ums andere Mal gezwungen, Gott zu spielen. Denn unter brütender Sonne hat der Ingenieur aus Bayern unter anderem die Aufgabe, das Ökosystem eines Miniatur-Regenwaldes im Gleichgewicht zu halten.

Immer wieder müssen die Insassen von "Biosphäre 2" die 29 Klimaanlagen und 150 Pumpen regulieren und laut Zabel sagen: "Der Regenwald schaut ein bisschen trocken aus, jetzt geben wir ihm mal ein bisschen mehr Regen." Danach muss die Dosis mit den "Bio-Managern" der Klimakapsel besprochen werden. "Dann geben sie uns den Regen-Schedule", erläutert Zabel, "den machen wir in den Computer, und dann wird automatisch geregnet".

Erde im Kleinformat

Seit 1985 arbeitet Bernd Zabel an der Idee, mitten im Nirwana Arizonas unter einer Glaskuppel eine autarke, in sich geschlossene Lebenswelt von rund 1,3 Hektar Größe zu kreieren. Auf Betreiben des Systemökologen John Allen und des texanischen Ölmilliardärs Edward Bass soll sich so die Frage klären, ob und unter welchen Bedingungen die Menschheit in Weltraumkolonien überleben könnte.

Am 26. September 1991 schließen vier weibliche und vier männliche "Bionauten" die Tür von "Biosphäre 2" für zwei Jahre die Türen hinter sich. In ihrem Reich leben 3.800 Tier- und Pflanzenarten. Neben einem Stück Regenwald mit Wasserfall, einem Miniaturozean mit Korallenriff, einer Wüste und einem Mangrovensumpf gibt es Mannschaftsquartiere und eine kleine Anbaufläche, die die "Bionauten" beackern können.

Die vergiftete Atmosphäre

Schon bald allerdings stellt sich heraus, dass es nicht so einfach ist, Gott zu spielen. Eine viel zu große Artenvielfalt vegetiert viel zu nah beieinander vor sich hin, die Ökosysteme geraten aus dem Gleichgewicht. Ameisen und Kakerlaken vermehren sich rasant, die Schlingpflanze "Morning Glory" überwuchert die Klimazonen. Die Ackerfläche ist zu klein, ununterbrochen kämpfen die "Bionauten" mit dem Hunger – und mit sich selbst: Streitereien vergiften zusätzlich die Atmosphäre.

Nach 16 Monaten ist der Sauerstoffgehalt der Luft in der "Biosphäre 2" auf einen Pegel gesunken, der auf der Erde nur auf 5.800 Metern Höhe herrscht. Atemluft muss von außen zugegeben werden – das Experiment ist schon gescheitert, lange bevor die "Bionauten" nach zwei Jahren blass und abgemagert ihr Reich verlassen. Als eine zweite Mission wenig später mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat, erklärt Geldgeber Bass das Experiment offiziell für beendet.

Gerettet wird "Biosphäre 2" durch die Columbia University, die in dem einzigartigen Mikrokosmos Fragen des Klimawandels beantworten will. 2004 allerdings will die Universität die Stromkosten von 150.000 US-Dollar für die Kühlung der Anlage nicht mehr aufbringen und steigt aus. Heute ist "Biosphäre 2" im Besitz der University of Arizona.

Stand: 26.09.2011

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