Stichtag

26. Januar 356 - Antonius der Große stirbt

Als Kind seiner Zeit nimmt der heilige Antonius die Bibel wörtlich. Vor allem die Worte Jesu aus dem Matthäusevangelium treffen den Sohn eines wohlhabenden Bauern wie ein Blitz. "Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe deinen Besitz und gib ihn den Armen", steht dort zu lesen, "und komm und folge mir nach".

Antonius ist zwanzig Jahre alt, als er der Legende nach in der Nachfolge Christi die Konsequenzen zieht. Er verkauft den Hof, verlässt sein Heimatdorf und zieht in den Ort des Todes: in die ägyptische Wüste.

Asket mit Signalwirkung

Als Antonius, auch der Große genannt, im Jahr 356 nach Christus stirbt, soll er 80 Jahre lang in seiner Einsiedelei zugebracht haben. Zeit seines Lebens bleibt er ein Einzelgänger. Er gründet kein Kloster und hinterlässt kein Regelwerk des gottesfürchtigen Lebens. Aber er ist die erste geschichtlich greifbare Person, die die Nachwelt mit der mönchischen Tugend eines religiös motivierten Bruchs mit der Welt in Verbindung bringt. Bis heute gilt seine radikale Weltabkehr deshalb als Begründung des Mönchtums.

Seinem Ideal der Askese wenden sich in der Folge zahlreiche Anhänger zu, die auf dem Weg zu sich selbst und zu einem ursprünglichen Christentum abseits der offiziellen Kirche sind – einer Kirche, die seit dem vierten Jahrhundert innerhalb des römischen Reiches die Positionen der Staatsreligion vertritt. "Spiritualität von unten" nennt Benediktinermönch Anselm Grün diese Haltung heute.

Die Versuchungen des heiligen Antonius

"Ich weiß, dass auch ihr, wenn ihr alles gehört habt, diesen Mann nicht nur bewundern, sondern ihm auch nacheifern werdet", notiert die "Vita Antionius" aus dem fünften Jahrhundert: "denn das Leben des Antonius ist für Mönche ein treffliches Vorbild der Askese".

Dass der heilige Antonius in seiner Klause laut der Legende von bösen Dämonen versucht worden sein soll, interessiert vor allem die Künstler seit dem Mittelalter. Hieronymus Bosch nimmt den Asketen in seine Höllenvisionen auf. Gustave Flaubert widmet seinen Versuchungen einen Roman, der Surrealist Salvador Dalì ein Gemälde, der Komponist Paul Hindemith eine Sinfonie. Noch die schottische Rockband "Tear Gas" setzt der "Temptation of St. Anthony" ein musikalisches Denkmal.

"Notwendigkeit geduldiger Selbstbesinnung"

Heute wird die Grundhaltung des heiligen Antonius, der sich vorbehaltlos seinen Gefühlen, Gedanken und Obsessionen stellte, neu entdeckt – und damit zum Gegenstand nicht zuletzt der Psychiatrie. "Vielleicht finden die von den Wüstenvätern überlieferten Einsichten gerade heute eine so große Resonanz, weil sie auf etwas aufmerksam machen, das in der stärker instrumentalisierten Lebensführung der Spätmoderne verloren zu gehen droht", schreibt etwa der Depressionsforscher Daniel Hell. "Sie waren sich der Notwendigkeit der geduldigen Selbstbesinnung bewusst."

Stand: 26.01.2011

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