Ein Dandy und Frauenheld soll der Revolvermann gewesen sein - erst schießen, dann fragen, seine Devise. Mindestens sieben Männer, nach anderen Quellen auch 17, sollen durch seine Colts gestorben sein, im Duell oder aus dem Hinterhalt abgeknallt. Ohne "soll" lässt sich die Vita von James Butler Hickok kaum schildern.
Zu viele Daten und Fakten seines Lebens verschwinden im Dunst von Mythen und Legenden. Wild Bill Hickok ist einer der berühmtesten Revolverhelden der amerikanischen Pionierzeit. Ein Held aber, so urteilt der Kölner Historiker Norbert Finzsch, ist Hickok nie gewesen, sondern schlicht ein Killer, ein Schwerverbrecher.
Scharfschütze und Spion im Bürgerkrieg
Der Mann, der in seinem Leben fast jeden Beruf ausübt, mit dem sich im Wilden Westen Geld machen lässt, kommt am 27. Mai 1837 in Troy Grove, Illinois, zur Welt. Es ist eine gewalttätige Zeit, geprägt durch Sklaverei, Landraub und die Vertreibung der heimischen Indianerstämme. Hickoks Vater, ein entschiedener Gegner der Sklaverei, versteckt entlaufene Schwarze. Wild Bill, der schon früh keinem Streit aus dem Weg geht, schließt sich mit 18 Jahren in Kansas einer Guerillatruppe von Sklavereigegnern an.
Als Postkutschenfahrer auf dem Oregon Trail tötet Wild Bill Hickok 1861 die ersten zwei (oder drei) seiner Opfer. Bei Ausbruch des Bürgerkriegs verdingt er sich als Scharfschütze und Spion der Nordstaaten-Armee. Mehrfach wechselt er in den folgenden Jahren die Fronten, um nach Schießereien und Duellen der Verfolgung zu entgehen. Als US-Deputy Marshal macht Hickok dann Jagd auf Deserteure und Pferdediebe.
Groschenromane stilisieren ihn zum Helden
Ab Mitte der 1860er Jahre durchstreift Wild Bill die großen Ebenen des Mittleren Westens, wo Cowboys riesige Rinderherden in die Städte des Nordens treiben. Stacheldrahtzäune und Eisenbahnschienen beginnen nun das Land zu durchziehen, was zu blutigen Kämpfen führt. Hickok wird als Poker-Spieler berühmt und berüchtigt, heuert hier und da als Kundschafter oder Sheriff an und beteiligt sich an brutalen Vertreibungsfeldzügen gegen die Indianer.
Wo immer der Mann mit den zwei Colts an den Hüften auftaucht, gekleidet in schwarzen Samthosen und bestickten weißen Hemden, gibt es Ärger – zumindest, wenn man damaligen Zeitungsberichten glaubt. Kolportageromane über seine Taten finden reißenden Absatz; mit jedem neuen Opfer steigt die Auflage. Wie sein zeitweiliger Kumpan Buffalo Bill und andere Westmänner rollt Hickok mit der Eisenbahn durch die Prärie und zeigt Fahrgästen, wie man Bisons abschießt – mit unsäglichen Folgen. "Vor 1870 leben etwa 40 Millionen Büffel in den Vereinigten Staaten", sagt Wild-West-Experte Norbert Finzsch. "15 Jahre später sind es nur noch 300."
Beim Pokern hinterrücks erschossen
Einige Zeit versucht Hickok, seinen Ruhm wie Buffalo Bill in Wildwest-Shows zu Geld zu machen. Doch sein gewalttätiger Charakter bringt ihn immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Am grünen Star erkrankt und zeitweise fast erblindet, heiratet der wilde Bill um 1875 die 42-jährige Zirkusbetreiberin Anna Thatcher Lake. Nach zwei Wochen verlässt er sie und zieht mit Goldsuchern in die Black Hills von South Dakota.
Im Saloon von Deadwood bringt Hickok die Digger beim Poker um ihr Gold und Geld. Bis sich am 2. August 1876 Jack McCall, den er am Vortag ausgenommen hat, unbemerkt dem Spieltisch nähert. Wild Bill hat gerade sein Blatt begutachtet, als ihn McCall aus nächster Nähe mit einem Schuss in den Hinterkopf tötet. Der Täter wird zunächst freigesprochen, dann aber wegen Mordes verurteilt und sieben Monate später gehängt. James Butler Hickok findet auf dem Friedhof von Deadwood seine letzte Ruhe. 1903 wird Calamity Jane, die berühmteste weibliche Westernheldin, neben ihm bestattet.
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