Qualitätsware hat ihren Preis - das gilt bereits vor 150 Jahren im sogenannten Wilden Westen. Wer es sich leisten kann, der greift zu den strapazierfähigen Hosen von Levi Strauss, trägt auf dem Kopf einen Stetson und an der Hüfte einen sechsschüssigen Revolver von Samuel Colt.
Colonel Colt, wie sich der Waffenkonstrukteur aus Hartford, Connecticut umsatzfördernd nennt, ist zwar nicht der Erfinder der Handfeuerwaffe mit rotierender Trommel. Doch dem am 19. Juli 1814 geborenen Sohn eines Papiermühlenbesitzers verdanken Cowboys und Outlaws, Sheriffs und Soldaten das erste zuverlässig feuernde Schießeisen mit einem Drehzylinder.
Waffenbau am Fließband
So mythenumwoben wie seine "Bleispritze" ist auch Samuel Colts Werdegang. Schon als Zehnjähriger experimentiert er mit Schießpulver; vier Jahre später fliegt er wegen Schusswaffenbesitzes von der Schule. Mit 16 Jahren kommt ihm auf einer Seereise nach Indien die zündende Idee für seinen Revolver, als er die Steuermechanik des Schiffsruders studiert. Angeblich schnitzt er danach aus Holz zwei Revolver-Modelle, die Vater Colt immerhin veranlassen, Geld in die Erfindung seines Sohnes zu stecken.
1836 lässt sich Samuel Colt seinen Trommelrevolver in den USA patentieren. Ein Jahr später gründet er seine eigene Waffenfabrik, die zunächst mit herkömmlichen Pistolen und Armee-Sturmgewehren Umsatz macht. Sein anfangs noch über zwei Kilo schwerer Revolver findet dagegen kaum Käufer. Dessen Erfolgsstory beginnt erst 1845 nach Ausbruch des Krieges gegen Mexiko, als Texas Ranger den "Colt" in großen Mengen ordern. Um die wachsende Nachfrage befriedigen zu können, entwickelt der Waffen-Unternehmer – lange vor Henry Ford – die maschinelle Serienfertigung am Fließband und das "System der austauschbaren Teile".
Colt gegen Colt im Sezessionskrieg
Ein Vermögen bringen Colt auch die Erfindungen von submarinen Zündern und Minen ein. Mit wasserdichten Kabeln ist er maßgeblich an der Verlegung der unterseeischen Telegrafenleitungen seines Freundes Samuel Morse beteiligt. Als 1861 der Amerikanische Bürgerkrieg ausbricht, beginnen erst recht goldene Zeiten für "Colt's Patent Fire-Arms Manufacturing Company" in Hartford. Colt, der clevere Werbestratege, beschenkt alle wichtigen Politiker und Generäle mit exquisiten Sonderanfertigungen seines Revolvers - und erhält Großaufträge von beiden Seiten. Rund 1.500 Angestellte arbeiten im Schichtdienst, um sowohl die Unionsstaaten als auch die Konföderierten aufzurüsten.
Das Ende des verlustreichen Krieges erlebt Colt allerdings nicht mehr. Als einer der reichsten Männer Amerikas stirbt er am 10. Januar 1862 im Alter von nur 47 Jahren an einer Gichterkrankung. Sein Colt-Revolver wird durch den Sezessionskrieg zum Statussymbol, sein Unternehmen zur führenden Waffenschmiede der USA. Den legendären wie zweifelhaften Ruhm als bleihaltiger "Friedenstifter" und "großer Gleichmacher" schießfreudiger Westernhelden wie Billy the Kid verdankt der Colt aber doch eher sensationsheischenden Presseberichten und den Wildwest-Filmen Hollywoods.
Stand: 19.07.2014
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