In der Geschichte der Fußball-Bundesliga mangelt es nicht an dubiosen Torentscheidungen. Was sich jedoch am 32. Spieltag der Saison 1993/94 abspielt, ist der ARD am Tag darauf sogar einen "Brennpunkt" wert: "Heute ist es keine Amigo- oder verzwickte Steuergeschichte. Heute ist es ein Tor, das keines war."
An jenem 23. April 1994 tritt der FC Bayern München im heimischen Olympiastadion gegen den 1. FC Nürnberg an. Kurz vor Saisonende ist die Meisterschaft noch offen. Die Bayern brauchen unbedingt einen Sieg, um die Tabellenspitze zu verteidigen; Nürnberg dagegen könnte schon ein Unentschieden vor dem drohenden Abstieg bewahren.
Nur Linienrichter sieht Ball im Tor
Dank Nationaltorhüter Andreas Köpke bleibt Nürnberg anfangs ohne Gegentreffer. In der 24. Minute landet ein Eckball vor der Torlinie bei Bayern-Abwehrspieler Thomas Helmer. Köpke wirft sich dazwischen, Helmer versucht den Ball ins Tor zu spitzeln, aber der trudelt - unübersehbar für jeden im Stadion - am linken Pfosten vorbei ins Aus.
Nur ein einziger Mensch hat es anders gesehen: Linienrichter Jörg Jablonski. Er signalisiert: Ball im Netz! Schiedsrichter Hans-Joachim Osmers verlässt sich auf Jablonski und entscheidet auf Tor für die Bayern. Nicht nur die Nürnberger sind fassungslos über die Fehlentscheidung: "Nie und nimmer war das ein Tor", schimpft TV-Kommentator Werner Hansch.
Bayern München gewinnt die wichtige Partie dank des ersten Phantomtors in der Bundesligahistorie mit 2:1. Nach Protesten des 1. FC Nürnberg annulliert das Sportgericht des DFB allerdings die Wertung. Im Wiederholungsspiel siegen die Bayern dann klar mit 5:0.
Helmers Versuch einer Verteidigung
Am Saisonende feiert Bayern München seinen 13. Meistertitel und Nürnberg steigt ab. "Viel schlimmer aus meiner Sicht ging es gar nicht", gesteht Thomas Helmer Jahre später. Natürlich habe er gesehen, dass der Ball neben dem Tor war. Aber, so verteidigt sich der Phantomtorschütze, "weil Köpke hinter der Linie lag, war ich in der Sekunde nicht sicher, ob der Ball nicht vorher auch kurz hinter der Torlinie war".
Zu zweifelhaftem Ruhm als Phantomtorschütze kommt 19 Jahre danach auch Leverkusens Stürmer Stefan Kießling. Im Oktober 2013 köpft er im Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim ans Außennetz. Doch der Ball schlüpft durch ein vom Schiedsrichter nicht entdecktes Loch in den Maschen ins Tor. Den Protest der TSG schmettert das DFB-Sportgericht diesmal allerdings ab - mit Verweis auf die "endgültige Tatsachenentscheidung" des Unparteiischen.
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