Mitte der 1970er Jahre hat der schlecht bezahlte Lehrer Stephen King bereits ein paar Stories in Männermagazinen untergebracht, aber an den ganz großen Wurf mag er kaum noch glauben. 1974 wirft er deshalb ein Manuskript in den Mülleimer. "Meine Frau fischte es heraus und meinte: 'Es ist irgendwie unterhaltsam, mach weiter damit'", wird er sich später erinnern. "Sie sagte, sie wolle den Rest davon lesen."
King schreibt weiter an der Geschichte vom High-School-Mädchen Carrie, das von ihren Mitschülern so lange gepiesackt wird, bis es von ihren übernatürlichen Kräften Gebrauch macht und bei der Abschlussfeier in ihrer Schule ein Blutbad anrichtet. Das Manuskript schickt er an einen Verlag – für ihn ist es der Durchbruch. "Ich bekam die Nachricht, als ich gerade im Lehrerzimmer war: 'Stephen King, kommen Sie bitte ins Büro, Sie haben einen dringenden Anruf von Ihrer Frau.' Und als ich hochging, wusste ich: Entweder eins der Kinder hatte sich ein Bein gebrochen – oder ich hatte das Buch verkauft. Und es war das Buch."
Die Geburt des Horrorclowns
Geboren wird King am 21. September 1947 in Maine. Sein Vater verlässt die Frau und die beiden Söhne; mit der Mutter zieht er häufig um. Als Bücherwurm wird er oft verspottet, aber seine Mutter glaubt an sein literarisches Talent. Trotzdem sieht alles so aus, als müsste er nach einem Englischstudium, bei dem er seine Frau Tabitha kennenlernt, als Lehrer sein Dasein fristen. Dann kommt 1974 "Carrie" in die Läden, und mit dem Geld, das er für sein Debüt bekommt, kann King weitermachen.
Für die Taschenbuchrechte an "Carrie" bezahlt ein Verlag die Rekordsumme von 400.000 US-Dollar. King gibt seinen Lehrerberuf endgültig auf und wird Schriftsteller. Auch die zahlreichen weiteren Romane, die King teils unter Pseudonym produziert, werden - oft überaus erfolgreich verfilmte - Bestseller. So zum Beispiel "Brennen muss Salem" (1975), "Shining" (1977) – 1980 verfilmt von Stanley Kubrick mit Jack Nicholson als irrem Schriftsteller– oder "Es" (1986), dessen zweite Verfilmung im Spätsommer 2017 in die Kinos kommt. In letzterem kreiert King die Figur des tanzenden Horrorclowns Pennywise, der zum Inbegriff des Bösen avanciert.
Das Böse überlebt
Mit seinen Horrorgeschichten bekämpft King auch die eigenen Dämonen. Die ersten Romane schreibt er noch unter Drogeneinfluss. Aber das Schreiben ist auch eine Art Therapie, die ihm hilft, sich von Alkohol und Drogen zu lösen. Inzwischen ist er nach eigener Aussage seit 30 Jahren trocken. Seinen Helden bleibt dieser Ausweg verwehrt. Den Bestsellern Kings ist eigen, dass in ihnen das Böse langsam – und oftmals erst nach hundert Seiten, die der atmosphärischen Verdichtung dienen - in die ansonsten normale Kleinstadtwelt einbricht. Kings mörderische Vampire, brutale Psychos oder blutrünstige Wäschemangeln suchen unbescholtene Bürger heim. Und werden, im Unterschied zur klassischen Horrorliteratur, manchmal nicht besiegt.
Mit insgesamt acht Büchern verdingt sich auch Kings Frau Tabitha als Schriftstellerin. Sein älterer Sohn schreibt unter dem Pseudonym Joe Hill ebenfalls Schauergeschichten. Mit dem jüngeren Sohn Owen hat King rechtzeitig zum 70. Geburtstag den Roman "Sleeping Beauties" (2017) geschrieben. Um den Fortbestand des Grauens muss man sich also keine Sorgen machen.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 21. September 2017 ebenfalls an Stephen King. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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