Zu seinen Lebzeiten fast unbekannt, sind die Geschichten von Howard Philipps Lovecraft heute die Klassiker des Unheimlichen. Schon die Titel wie "Berge des Wahnsinns", "Das Grauen von Dunwich" oder "Der Flüsterer im Dunkeln" verheißen nichts Gutes. Schlimmer noch: In den Erzählungen gewinnt das Böse innerhalb kürzester Zeit die Überhand - oft in Form von riesigen, stinkenden und schleimigen Kreaturen. Diese sind oft jahrhundertealt, schlummern in dunklen Höhlen, rasen durch das Weltall oder hausen auf dem Meeresboden und bedrohen die menschliche Zivilisation.
"Niemals hat mich wohl etwas stärker fasziniert als der Gedanke an merkwürdige Störungen alltäglicher Naturgesetze oder an das ungeheuerliche Eindringen unbekannter Wesen aus einem grenzenlosen Draußen in unsere Welt", beschreibt Lovecraft seine Ideen. Mit seinen Monstern, die seine Protagonisten an den Rand des psychischen Wahnsinns treiben, erzeugt er in den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine neue Form des Grauens. "Er ist einer der Ersten, dessen Aliens uns wirklich völlig fremd sind, so fremd, dass sie in unsere Welt hereinplatzen wie ein Meteor, mit dem man nichts anfangen kann", sagt Marco Frenschkowski, Professor für Theologie und Herausgeber von Lovecrafts Gesamtwerk.
Ein blasses, krankes Kind
Geboren wird Howard Philipps Lovecraft am 20. August 1890 in in Providence, Rhode Island. Mit nur acht Jahren wird er zum Halbwaisen, sein Vater stirbt - wie später seine Mutter - in einer Nervenheilanstalt. Fortan lebt Lovecraft im Haus des wohlhabenden Großvaters, der ihm Schauergeschichten erzählt und ihn in seiner Bibliothek stöbern lässt. Mit vier Jahren liest Lovecraft "Grimms Märchen", mit fünf "Tausendundeine Nacht" und mit acht Jahren faszinieren ihn die Wissenschaften. Zunächst Chemie, später dann Geographie mit den Naturwundern in fernen Ländern.
Wegen seiner oft kränklichen Verfassung besucht Lovecraft nur selten die Schule, die Bücher ersetzen die fehlenden Spielkameraden. Die Mutter schirmt ihn zudem ab, erzählt ihm, er sei zu hässlich, um sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Als der Großvater 1904 stirbt, verarmt die Familie und verliert das Haus. Den Teenager plagen Selbstmordgedanken, ein Nervenzusammenbruch verhindert den Schulabschluss. "Ich fing an, die abscheulichsten Albträume zu haben", erinnert sich Lovecraft später an diese Zeit. Nächtliche Inspirationsquellen für seine späteren Dämonen, Hexen und Monster.
Monster in der idyllischen Heimat
Ohne Abschluss und ohne Arbeit macht HPL - wie ihn seine Fans nennen - was er am besten kann: Er schreibt Geschichten, die er in billigen Magazinen veröffentlicht. Der Schriftsteller lebt zurückgezogen, soziale Kontakte pflegt er durch ein großes Netz von Brieffreundschaften - an die 100.000 Briefe soll er verfasst haben. In diesen finden sich teilweise anti-demokratische und rassistische Gedanken. Auch sein Schreibstil ist konservativ und von der Literatur des 18. Jahrhunderts geprägt. "Ich weigere mich, meine Erzählungen mit Klischeefiguren und abgedroschenen Situationen vollzustopfen", schreibt Lovecraft mit Blick auf andere Autoren Anfang des 20. Jahrhunderts.
Eine Überzeugung, die ihn nicht viel Geld einbringt. Er lebt von 15 Dollar die Woche, spart sogar an den Arztkosten als man bei ihm Krebs diagnostiziert. Als er am 15. März 1937 stirbt, ist er überzeugt, nichts erreicht zu haben. "Mein Leben ist so still, so ereignislos und so unauffällig verlaufen, dass es, zu Papier gebracht, bestenfalls erbärmlich glanzlos und fade erscheinen muss", schreibt er zuvor. Ein gewaltiger Irrtum: Der französische Autor Michel Houellebecq macht aus Lovecrafts Leben sogar einen ganzen Roman: "Gegen die Welt, gegen das Leben." Und sein "Cthulhu-Mythos" - einen von uralten Wesen beherrschten Kosmos, findet sich noch heute in Comics, Filmen, Musik, Literatur, Rollenspielen, Festivals, Tagungen und erfolgreichen Computerspielen.
Stand: 20.08.2015
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