20. März 1591 - Die Rialtobrücke in Venedig wird eröffnet

Stand: 20.03.2016, 00:00 Uhr

Am "Rivo alto", dem hohen Ufer des Canal Grande, entsteht im 11. Jahrhundert das wirtschaftliche Zentrum Venedigs. Nirgendwo sonst in der Lagunenstadt an der Adria sind die Warenlager der Kaufleute besser gegen Hochwasser geschützt. 1246 lässt der Doge von Venedig die Ufer des Rialto genannten Geschäftsviertels erstmals durch eine Holzbrücke verbinden. Über drei Jahrhunderte lang bleibt sie der einzige Übergang über den Canal Grande, der Hauptverkehrsader in dem Gewirr aus 170 Wasserwegen des venezianischen Inselmeeres.

Mehrfach muss die Holzbrücke nach Bränden oder wegen Verrottung neu errichtet werden. Als sie 1444 bei einer Hochzeitsfeier unter dem Gewicht der Menschenmassen einstürzt, plant die reiche Seerepublik erstmals, eine steinerne Brücke zu errichten. Die Senatoren aber streiten endlos über die Finanzierung, und so bleibt es bei der notdürftig reparierten Holzkonstruktion.

Kühner Entwurf ohne Mittelpfeiler

Weitere 100 Jahre verstreichen, in denen der Handelsverkehr unter und auf der morschen Brücke rapide zunimmt. Mitte des 16. Jahrhunderts endlich einigt sich der Senat, das hölzerne Provisorium durch einen steinernen Neubau zu ersetzen. Mit Michelangelo und Andrea Palladio bewerben sich die bedeutendsten Architekten der Renaissance um den prestigeträchtigen Auftrag. Ihre prachtvollen Entwürfe sehen in klassischer Manier eine monumentale Brücke mit drei Bögen vor, getragen von einem massiven Mittelpfeiler. Der aber, so befürchtet die Kaufmannschaft Venedigs, würde den dichten Schiffsverkehr im größten Handelszentrum am Mittelmeer behindern. So erhält schließlich 1587 die kühne Konstruktion eines 75-jährigen Außenseiters den Zuschlag.

Antonio da Ponte errichtet eine 48 Meter lange Brücke, die den Canal Grande verkehrsgünstig mit einem einzigen 28 Meter breiten Bogen überspannt. Bei einer Durchfahrtshöhe von 7,50 Metern kann sie sogar die Prachtgondel des Dogen passieren. Getragen wird das für seine Zeit wagemutige Bauwerk von zwei mächtigen Fundamenten, für die da Ponte je 6.000 Eichenpfähle in den Ufermorast rammen lässt. Auf die treppenförmig zur Mitte ansteigende und mit istrischem Marmor verkleidete Brücke setzt der Baumeister elegante Arkaden mit einer überdachten Aussichtsplattform. Im Mittelgang findet eine Reihe kleiner Läden Platz, aus deren Vermietung der Senat die Baukosten von einer Viertelmillion Dukaten finanziert.

Luxus-Shopping über dem Canal Grande

Nach dreieinhalb Jahren Bauzeit ist die Rialtobrücke vollendet. Am 20. März 1591 gibt der Doge Pasquale Cicogna Venedigs neues Wahrzeichen für den Verkehr frei. Mit vier Storchenreliefs - Cigogna bedeutet auf Deutsch Storch - lässt sich das Oberhaupt der Republik an dem Bauwerk verewigen. Der Ponte di Rialto wird zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Treibens von Venedig; Patrizierinnen lassen sich in Sänften auf die Brücke tragen, um dort die edelsten Juwelen, Brokatstoffe und Duftwässer einzukaufen. Kurz nach der Einweihung richtet ein Erdbeben schwere Schäden in Venedig an, die Rialtobrücke aber hält unbeschädigt Stand. Alle Zweifel an der Belastbarkeit des weiten Bogens sind damit endgültig zerstreut.

Als architektonischer Geniestreich gefeiert bleibt der Ponte die Rialto 260 Jahre lang die einzige Brücke über den fast vier Kilometer langen Canal Grande und damit der wichtigste Verkehrsknotenpunkt. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts kommen zwei weitere Brücken hinzu. Die vierte und vorerst letzte, vom Spanier Santiago Calatrava als Fußgänger-Viadukt entworfen, wird 2008 eröffnet. Doch die hypermoderne Glaskonstruktion des Stararchitekten leidet bereits sichtlich unter dem maritimen Klima. Die Rialtobrücke des Antonio da Ponte dagegen hat die Zeiten schadlos überdauert. Heimgesucht von Abermillionen von Touristen wird sie derzeit nach 425 Jahren zum ersten Mal saniert.

Stand: 20.03.2016

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