Eine Brücke über den Bosporus bauen und so Europa mit Asien verbinden - das ist ein alter Traum. Im sechsten Jahrhundert vor Christus lässt der persische König Darius für einen Feldzug eine schwimmende Brücke aus rund 125 Schiffen erstellen. In der Renaissance befassen sich Baumeister wie Leonardo da Vinci und Michelangelo mit Planungen einer Brücke. Mit dem Bau der ersten festen Brücke wird allerdings erst 1970 begonnen.
"Der Bau der Brücke wurde damals unumgänglich", sagt der damalige türkische Ministerpräsident Süleyman Demirel. Im europäischen Teil Istanbuls boomt die Industrie. Die Zahl der Pendler aus den asiatischen Stadtteilen nimmt ständig zu. Die Fähren sind dem Ansturm nicht gewachsen, es kommt zu stundenlangen Wartezeiten. Die internationale Ausschreibung gewinnt ein deutsch-britisches Konsortium. Es besteht aus den Firmen Hochtief aus Essen und Cleveland aus Darlington.
165 Meter hohe Brückentürme
Mit 1.560 Metern Gesamtlänge ist die Hängebrücke damals die viertlängste der Welt. Ihre Fahrbahn hängt an zwei 59 Zentimeter dicken Kabeln, die aus Stahldrähten zusammengesetzt sind. Die beiden Brückentürme, die die Kabel halten, stehen sich an den Ufern gegenüber und sind 165 Meter hoch. Die Brückenfahrbahn, die rechts und links auch Fußgängerwege hat, schwebt 64 Meter über dem Wasser.
Die Einweihung der Bosporus-Brücke fällt zusammen mit dem 50-jährigen Jubiläum der von Kemal Atatürk gegründeten türkischen Republik: Am 30. Oktober (nach anderen Quellen am 29. Oktober) 1973 wird sie eröffnet, muss aber bereits nach wenigen Stunden wieder geräumt und gesperrt werden. Die Brücke schwankt: Tausende von Passanten wollen zu den Ersten gehören, die den Weg zwischen Asien und Europa zu Fuß zurücklegen. Für Fußgänger wird die Brücke allerdings bald gesperrt, weil die Selbstmordversuche zunehmen.
Verkehr nimmt zu
Die Maut für die Fahrt über die Brücke bringt zwar viel Geld ein, aber die Entlastung für den Berufsverkehr währt nicht lange. Denn der Wirtschaftsaufschwung zieht immer mehr Menschen nach Istanbul. Die Zahl der Einwohner vervielfacht sich auf 15 Millionen. Schon bald nach der Eröffnung verstopfen täglich 200.000 Autos die Brücke.
Der Verkehr wächst weiter. Zur weiteren Entlastung wird 1988 die "Fatih-Sultan-Mehmet-Brücke" gebaut. Mittlerweile ist bereits der Grundstein für eine dritte Brücke gelegt. Seit dem 29. Oktober 2013 kann der Bosporus auch unterirdisch passiert werden: Nach rund neunjähriger Bauzeit wurde ein S-Bahntunnel eingeweiht.
Stand: 30.10.2013
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