1968 ist die Welt in Aufruhr. Überall protestieren die Studenten, in den USA wächst der Widerstand gegen den Vietnamkrieg, die Ermordung Martin Luther Kings bringt die Stimmung noch mehr zum Kochen. In dieser Krise setzt das Internationale Olympische Komitee (IOC) für die Austragung seiner Spiele auf ein Entwicklungsland, das als stabil gilt und im Kalten Krieg keine Rolle spielt: auf Mexiko.
"Alles ist möglich im Frieden" lautet der Slogan des Sportereignisses. Aber der Zeitgeist holt das Ein-Parteien-Regime des Landes ein. In Mexiko-Stadt demonstrieren die Studenten gegen Korruption und die Geldverschwendung für Olympia. Die Polizei richtet unter den Demonstranten ein Blutbad an. Offiziell werden 37 Menschen getötet, das Ereignis selbst als "Reinigung" bezeichnet. Erst 30 Jahre später kommt heraus, dass es fast 300 Tote gegeben hat. Es passt zur Haltung des damaligen IOC, dass es das Massaker zur internen Angelegenheit Mexikos erklärt.
Ins Abseits gestellt
Am 12. Oktober 1968 werden die 19. Olympischen Sommerspiele mit dem Einmarsch der Sportler und der Entzündung des Olympischen Feuers in Mexiko-Stadt eröffnet. Tausende Friedenstauben steigen in den Himmel, aber schon vier Tage später haben die Spiele nach dem Weltrekordlauf des US-Amerikaners Tommie Smith über 200 Meter ihren ersten Skandal. Gemeinsam mit seinem drittplatzierten Kollegen John Carlos steigt er mit schwarzen Socken an den Füßen und einem schwarzen Schal um den Hals aufs Podest und reckt als Protest gegen die Unterdrückung der Afroamerikaner zur Nationalhymne die behandschuhte Faust in den Himmel. Dieses bildmächtige Ereignis gräbt sich ins kollektive Gedächtnis ein; Smith und Carlos bekommen zuhause kein Bein mehr auf den Boden.
Gleiches gilt für Věra Čáslavská, die vier Mal Gold gewinnt und ihre Trophäen Alexander Dubček und den anderen Politikern des Prager Frühlings schenkt. In die Tschechoslowakei zurückgekehrt, wird sie von den neuen sowjetfreundlichen Machthabern kaltgestellt.
Aufstieg zum Wirtschaftsimperium
Aber es gibt auch Rekorde ohne Aufreger. Bob Beamon springt derart weit, dass die automatische Skalierung der Sprunggrube versagt und Maßbänder geholt werden müssen. Als erster Mensch läuft Jim Hines die 100 Meter unter zehn Sekunden. Und auf der Langstrecke dominieren seit Mexiko die Afrikaner.
Zugleich beginnt mit den Olympischen Spielen in Mexiko der Aufstieg des IOC zur Wirtschaftsmacht. Allein der Verkauf der Fernsehrechte bringt zehn Millionen Dollar ein.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 12. Oktober 2018 ebenfalls an die Eröffnung der Olympischen Spiele in Mexiko. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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