Charles Darrows Leben steckt Anfang der 1930er Jahre hoffnungslos in einer Sackgasse. Die große Depression, unter der die USA von Küste zu Küste leiden, hat auch den Heizungsvertreter aus Pennsylvania seinen Job gekostet. Alle Ersparnisse sind verbraucht und Darrow kann seine Familie kaum noch ernähren. Da führt ein Geistesblitz den Verzweifelnden zurück auf die Gewinnerstraße. Auf einem alten Stück Wachsleinwand entwirft Charles Darrow 1932 ein Spielfeld mit Grundstücken und Straßen.
Die Namen entnimmt er dem Stadtplan von Atlantic City, wo er in glücklicheren Zeiten mit Frau und Kindern Urlaub gemacht hat. Rundherum denkt sich Darrow dazu Regeln für ein Würfelspiel aus. Seine Familie ist begeistert über die Ablenkung vom traurigen Alltag, ebenso wie die Kunden eines Kaufhauses in Philadelphia, das Darrow überzeugen konnte. Vom unerwarteten Erfolg ermutigt lässt er sein Spekulanten-Spiel patentieren. Als "Monopoly" startet es 1935 seinen Siegeszug um die Welt und macht seinen Erfinder steinreich. Eine tolle Geschichte, nur stimmt sie nicht ganz.
Ein Spiel als Kapitalismuskritik
Jahrzehntelang pflegt der Spiele-Konzern Parker Brothers die typisch amerikanische Erfolgsstory als Entstehungsmythos seines Goldesels Monopoly. Erst ein Plagiatsprozess in den 1970er Jahren bringt die Wahrheit ans Licht: Nicht Charles Darrow hat das Monopoly erfunden, sondern 30 Jahre zuvor eine Quäkerin in Virgina namens Elizabeth "Lizzie" Magie. Damals, am Beginn des 20. Jahrhunderts, empören sich die Amerikaner über die unkontrollierte Macht von Trusts und Kartellen und fordern, die Industriegiganten zu zerschlagen. Auch Lizzie Magie will mit ihrem 1903 erfundenen Spiel "The Landlord's Game" – "Das Spiel der Großgrundbesitzer" - gegen die gnadenlose Profitgier der Eisenbahn-, Öl- und Stahlmagnaten protestieren.
Mit pädagogischem Hintersinn legt Lizzie Magie ihrem Spiel zwei Regelwerke bei: Ein anti-monopolistisches, bei dem die Spieler vereint um größtmöglichen Wohlstand würfeln, und eine kapitalistische Variante, die den Raffgierigsten zum Sieger macht. "The Landlord's Game" verbreitet sich rasant, allerdings ohne dass Magie viel daran verdient, denn alle basteln sich ihr Spiel selbst. Als es schließlich irgendwann auch Charles Darrow durch Freunde kennenlernt, haben sich die Raffke-Regeln längst durchgesetzt. Dem arbeitslosen Heizungsvertreter gelingt es, die Spielzeugfirma Parker Brothers für sein leicht verändertes Brettspiel zu gewinnen. Am 31. Dezember 1935 wird es unter dem Markennamen "Monopoly" patentiert.
Schwarzer Peter für Parker Brothers
Als die eigentliche Erfinderin Lizzie Magie von Darrows Abkupferei erfährt, erzählt sie die wahre Geschichte von Monopoly zwei Zeitungsreportern. Das Foto zu deren Artikel zeigt sie mit ihrem Original-Spielbrett, auf das sie sogar ein Patent bekommen hat. An ihrer Urheberschaft bestehen also keine Zweifel, bestätigt die Magie-Biografin Mary Pilon: "Nur hat ihr keiner wirklich zugehört. Die Story vom vermeintlichen Erfinder Darrow war schon zu weit verbreitet." Lizzie Magie wird letztlich für ihre Rechtsansprüche mit 500 Dollar abgespeist.
Doch auch für den Plagiator Darrow, der Millionen an Tantiemen für Monopoly kassierte, zeigt die Biografin der Erfinderin Verständnis: "Es klingt so, als hätte er einfach versucht, das Richtige zu machen." Einen Großteil des Gewinns investierte Darrow wohl in die Behandlung seines behinderten Sohnes, wie die Buchautorin herausgefunden hat. Der schwarze Peter für die Unterschlagung von Magies Bedeutung in der Monopoly-Geschichte gebührt nach Pilons Urteil vor allem dem Spielzeug-Giganten Parker Brothers.
Stand: 31.12.2015
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