"Meine deutschen Volksgenossen und Volksgenossinnen, das deutsche Volk begeht heute sein sechstes Kriegsweihnachten", sagt NS-Propagandaminister Joseph Goebbels 1944 in seiner Weihnachtsansprache.
Seine Durchhalteparolen sollen die Stimmung heben: "In guten Zeiten weiß der Mensch gar nicht, wie viel er in schlechten Zeiten auf sich zu nehmen willig und bereit ist."
Deutschland in der Zange
Für die Nazis läuft der von ihnen angezettelte Zweite Weltkrieg ausgesprochen schlecht. Seit der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944 rückt die Westfront immer näher. Seit zwei Monaten ist mit Aachen die erste deutsche Großstadt in der Hand der Alliierten.
SS-Mann im KZ Auschwitz
Im Osten hat im Oktober 1944 die sowjetische Offensive begonnen. Zwei Konzentrationslager hat die Rote Armee schon befreit. Deshalb beginnt die SS im Vernichtungslager Auschwitz mit der Räumung. SS-Mann Karl Höcker hat trotzdem die Muße, sich in Auschwitz-Birkenau am Tannenbaum beim Kerzenanzünden fotografieren zu lassen.
Ardennenoffensive als Strohhalm
Goebbels verbreitet in seiner Ansprache Optimismus und weist auf die Ardennenoffensive hin - der letzte Großangriff, den die Deutschen am 16. Dezember 1944 gestartet haben.
Seine rhetorische Frage lautet: "Welches deutsche Herz wollte nicht vor Stolz in der Christenheit höherschlagen, wenn ich hier unserer Soldaten gedenke, die nun seit über einer Woche im Westen wieder in der Offensive stehen?"
Luftangriffe an Heiligabend
Dabei ist der Krieg längst zurück in dem Land, von dem er ausgegangen ist. "Weihnachten 44 waren hier mehrere starke Luftangriffe, die ich allesamt in einem wackeligen Keller überstanden habe", berichtet eine Augenzeugin aus Bonn.
Auch in Köln heulen am 24. Dezember 1944 die Sirenen. Die amtliche Statistik verzeichnet allein zwischen 18.15 Uhr und 19.25 Uhr den Abwurf von 490 Sprengbomben.
Widerstandskämpfer in Gestapo-Haft
In Berlin erlebt Pfarrer Dietrich Bonhoeffer den Weihnachtsabend 1944 im Gestapo-Kellergefängnis. Er weiß: Adolf Hitler wird ihn wohl hinrichten lassen als Vergeltung für das Attentat vom 20. Juli 1944, in das Bonhoeffer eingeweiht war. Wenige Tage vor Heiligabend hat der Geistliche das Gedicht "Von guten Mächten" niedergeschrieben.
Die sieben Strophen sind als Weihnachtsgruß an seine Verlobte Maria, seine Eltern und seine Geschwister gedacht. Die letzten Zeilen lauten: "Von guten Mächten wunderbar geborgen / Erwarten wir getrost, was kommen mag. / Gott ist bei uns am Abend und am Morgen / Und ganz gewiss an jedem neuen Tag."
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 24. Dezember 2019 ebenfalls an die letzte Kriegsweihnacht. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 25.12.2019: Vor 375 Jahren: Englisches Parlament verbietet Weihnachtsfeierlichkeiten