Sein Aufstieg beginnt mit Frederico Fellinis Film "La Strada": 1956 erwirbt Leo Kirch die Ausstrahlungsrechte für Deutschland - mit geliehenem Geld von der Familie seiner Ehefrau Ruth und einem Bankkredit. In "La Strada" prahlt Anthony Quinn als Schausteller Zampano, Kirch hingegen zieht die Fäden lieber im Hintergrund. In den folgenden Jahren baut er eine der weltweit größten Film-Bibliotheken auf. Im Unterschied zur Konkurrenz setzt der am 21. Oktober 1926 in Würzburg geborene Kirch nicht nur auf Kinofilme. "Er hat begriffen, dass das Fernsehen irgendwann ein Massenmedium sein wird", sagt Kirch-Biograf Michael Radtke.
In den Anfangsjahren des Fernsehens sichert sich Kirch die Ausstrahlungsrechte von Serien wie "Lassie", "Flipper" und "Bonanza". Er geht bei den US-Filmproduktionsfirmen MGM, Fox und Paramount auf Einkaufstour. Seine Geschäftsidee: Filmpakete. "Ohne die wäre er nicht so groß geworden", sagt Biograf Radtke. Kirch habe zum Beispiel einen attraktiven Film wie den Hollywood-Klassiker "Casablanca" mit einem Dutzend B-Movies und 30 drittklassigen Filmen zu einem Paket zusammengebunden und dafür einen Durchschnittspreis bezahlt. Kirch, der in Würzburg und München Betriebswirtschaft und Mathematik studiert hat, überlässt nichts dem Zufall.
Biograf: "Kirch wollte konservative Medienmacht"
Abnehmer seiner Lizenzen sind zuerst die ARD, später auch das ZDF. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind damals die einzigen Fernsehsender in der Bundesrepublik. Mitte der 1970er Jahre liefert Kirch rund die Hälfte der ausgestrahlten Filme und Serien. In den 1970er Jahren weist ihm ein Rechnungshofbericht sogar nach, dass er dem ZDF Ausstrahlungsrechte doppelt verkauft hat. Investitionen macht er gern über Strohmänner. Jahrelang lässt er seine Beteiligung an der Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk dementieren. Daraus entsteht der erste Privatsender: Im Januar 1984 startet Sat1 - mit Kirch im Hintergrund. Dort sendet er ein weiteres Mal seinen Filmfundus.
Aus dem Fernsehsender wird bald ein Medienimperium. Kirch ist nicht nur bei Sat1 und dem neu entstandenen Fernsehsender ProSieben Mehrheitseigner, er steigt parallel auch beim Axel-Springer-Verlag ein. Dort stockt er seine Beteiligung auf 40 Prozent auf. "Was er wirklich wollte, war die konservative Medienmacht im Printbereich, mit der größten Orgel, der Bild-Zeitung, aber auch im Fernsehbereich, was ProSieben und Sat1 betrifft", sagt Biograf Radtke. Der Katholik Kirch hat in den 1980er und 1990er Jahren auch erstklassige Kontakte in das konservative politische Lager: zu Bayerns Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) und zu Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU). Nach ihrer Amtszeit haben sowohl Kohl als auch die Minister Wolfgang Bötsch (CSU), Theodor Waigel (CSU), Christian Schwarz-Schillling (CDU) und Rupert Scholz (CDU) sowie Jürgen W. Möllemann (FDP) Beraterverträge bei Kirchs Medienkonzern. Nach der CDU-Spendenaffäre im Jahr 2000 spendet Kirch auf Kohls Bitte eine Million Mark an die Partei.
Kirch-Konzern wird zahlungsunfähig
2002 wendet sich das Blatt für Kirch. Der Springer-Konzern will nach einem Einbruch des Aktienkurses seine Anteile an der ProSieben-Sat1-Media AG loswerden. Vertragsmäßig muss Kirch 800 Millionen Euro für die Springer-Anteile zahlen, doch seine Kasse ist leer. Die Banken zögern bei der Vergabe neuer Kredite. Der damalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer stellt die Zahlungsfähigkeit des Kirch-Konzerns in einem Fernsehinterview infrage: "Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch mehr Eigen- oder gar Fremdmittel zur Verfügung zu stellen." Kirch bekommt kein Geld mehr und muss Insolvenz anmelden.
"Erschossen hat mich der Rolf", sagt Kirch 2005 in einem "Spiegel"-Interview. Breuer hab ihn vorsätzlich in Misskredit gebracht. Kirch verklagt die Deutsche Bank auf Schadenersatz. Den Zusammenbruch seines Konzerns kann er nicht verwinden, trotz gesundheitlicher Probleme kämpft er bis zuletzt. Infolge seiner Zuckerkrankheit muss ihm 2007 der linke Fuß amputiert werden, außerdem erblindet er fast vollständig. Am 14. Juli 2011 stirbt Leo Kirch im Alter von 84 Jahren in München. Anderthalb Jahre nach seinem Tod, im Dezember 2012, hat seine Klage Erfolg: Die Deutsche Bank muss Kirchs Erben Schadenersatz zahlen. Von den 925 Millionen Euro geht die Hälfte an die Gläubiger des Konzerns.
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