Sein Ruf als Draufgänger ist legendär: Anthony Quinn hat mit drei Ehefrauen und zahlreichen Geliebten 13 Kinder. Als das jüngste geboren wird, ist der Schauspieler 81 Jahre alt. "Wenn er etwas haben wollte, dann tat er alles, um es zu kriegen", erinnert sich Sohn Lorenzo. "So war es auch bei meiner Mutter." Quinn habe seine zukünftige zweite Ehefrau Iolanda bei den Dreharbeiten für den Film "Barabbas" (1961) das erste Mal gesehen. Eigentlich sei sie für das Einkleiden der Statisten zuständig gewesen, doch Quinn habe verlangt, dass sie stattdessen seine Kostüme schneidert. Zunächst sei ihm das verwehrt worden. "Da sagte er, dann dreh ich nicht. Sie mussten die Dreharbeiten für drei Stunden unterbrechen", so Lorenzo.
Quinn, der am 21. April 1915 im mexikanischen Chihuahua zur Welt kommt, muss sich schon früh behaupten. Seine Mutter ist Mexikanerin, sein Vater ist Ire. "Als ich geboren wurde, war die mexikanische Revolution in vollem Gang. Mein Vater kämpfte an der Seite von Pancho Villa", so Quinn später. "Meine Mutter hat mich in einem Kohlekarren versteckt und ist so mit mir von Mexiko nach El Paso geflohen." Von dort geht es weiter nach Los Angeles. Der Vater kommt nach, wird aber später bei einem Verkehrsunfall getötet. Anthony bricht die Schule ab und nimmt jeden Job an, um die Familie zu ernähren. Er schlägt sich unter anderem als Metzger, Zementmischer, Taxifahrer, Boxer und Obstpflücker durch.
Zwei Mal mit dem Oscar ausgezeichnet
Weil er lispelt, nimmt Quinn Sprechunterricht - denn er will unbedingt Schauspieler werden. Als der Regisseur Cecil B. DeMille für einen Western Indianer sucht, ergreift Quinn die Gelegenheit. Er gibt er vor, ein Cheyenne zu sein, und erhält die Rolle. Als DeMille seine hübsche Adoptivtochter Katherine zu den Dreharbeiten mitbringt, zögert Quinn ebenfalls nicht lange und nimmt sie zu seiner ersten Ehefrau. Zunächst spielt Quinn in Durchschnittsproduktionen Gangster und Revolverhelden. Das ändert sich, als er am Broadway Erfolg hat, zum Beispiel im Tennessee Williams Stück "Endstation Sehnsucht". Er wird neben Marlon Brando für den mexikanischen Revolutionsfilm "Viva Zapata" (1952) engagiert. Quinn gewinnt einen Oscar als bester Nebendarsteller. Plötzlich steht er im Rampenlicht.
Doch weil Quinn das Gefühl hat, dass er nicht gut genug aussehe, um ein Hollywood-Star zu werden, geht er nach Europa. In Italien dreht er mit Regisseur Frederico Fellini den Welterfolg "La Strada" (1954). "Der Film überzeugte die Leute, dass ich wirklich ein Schauspieler war und öffnete mir alle Türen", resümiert Quinn. Zwei Jahre später wird er erneut mit einem Oscar ausgezeichnet: Quinn begeistert als Paul Gaugin an der Seite von Kirk Douglas in der Hauptrolle von Vincent van Gogh in "Ein Leben in Leidenschaft" (1956). Er ist "Der Glöckner von Notre Dame" (1956), wirkt mit beim Kriegsfilm "Die Kanonen von Navarone" (1961) und spielt in "Lawrence von Arabien" (1962) einen Stammesfürsten.
Als Maler und Bildhauer tätig
Zum einem seiner größten Erfolge wird 1964 Quinns Rolle als freiheitsliebender und lebensbejahender "Alexis Sorbas". Der Mexikaner mit der US-Staatsbürgerschaft wird als Inkarnation eines Griechen gefeiert. "Tony war der ideale Schauspieler für Sorbas", sagt Regisseur Martin Ritt. "Nur ein Mann mit einer solchen Lebenslust konnte diese Rolle spielen." Für Quinn selbst ist es seine Lieblingsrolle. Er genießt, "dass der Funke des Glücks, die glückliche Lebenseinstellung auf die Menschen in der ganzen Welt übersprungen ist".
In den 1970er Jahren zieht sich der Schauspieler langsam von Film zurück. Er beginnt zu malen und arbeitet als Bildhauer. Die Verkaufspreise seiner Plastiken und Bilder erreichen sechsstellige Beträge. Quinn verdient damit Millionen - Geld, das er für Unterhaltszahlungen und Abfindungen gut verwenden kann. Denn nach über 30 Ehejahren mit Iolanda heiratet er 1997 seine 48 Jahre jüngere ehemalige Sekretärin Kathy. Anthony Quinn stirbt am 3. Juni 2001 in Boston im Alter von 86 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung.
Stand: 21.04.2015
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